Innenminister Jäger sprach am Montag Klartext: Die Tatverdächtigen der Übergriffe sind nach seiner Darstellung fast nur Menschen mit Migrationshintergrund. Darauf deuteten sowohl die Zeugenaussagen als auch der Bericht der Polizei Köln sowie die Schilderungen der Bundespolizei hin. «Ebenfalls spricht vieles dafür, dass es Nordafrikaner wie auch Menschen aus dem arabischen Raum waren.»
Opposition will Verantwortlichkeiten klären
Der sozialdemokratische Politiker sprach an einer Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag. Der Innenausschuss war zusammengekommen, weil die Opposition aus Christdemokraten und Liberalen von Jäger im Landtag Aufklärung für den vielfach kritisierten Einsatz verlangt hatte.
Sie will wissen, wer die Verantwortung für den Polizei-Einsatz und für die Information der Öffentlichkeit hat. Am Freitag hatte Jäger Kölns Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Schwere Versäumnisse vorgeworfen
Jäger kritisierte die Kölner Polizei erneut scharf. Um die massiven Angriffe und weitere Straftaten zu verhindern, hätte diese auf zusätzliche, in der Nacht verfügbare Einsatzkräfte zurückgreifen müssen. Sie habe aber die angebotene und «dringend benötigte Verstärkung für diese unerwartete Lageentwicklung» nicht abgerufen, sagte Jäger.
Inzwischen sind bei der Kölner Polizei über 500 Strafanzeigen eingegangen. In rund 40 Prozent der Fälle werde auch wegen Sexualstraftaten ermittelt, teilte die Polizei mit.
Auch Öffentlichkeitsarbeit unter Beschuss
Jäger kritisierte zudem die Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Polizei. Der Behörde war schon früher vorgeworfen worden, Hinweise auf die Herkunft der Verdächtigen zunächst nicht veröffentlicht zu haben. In einer ersten Medienmitteilung hatte die Kölner Polizei am Neujahrsmorgen von einer entspannten Lage und einem guten Einsatz der Polizeikräfte gesprochen.
SRF-Korrespondent Peter Voegeli in Berlin über den plötzlichen Aktivismus der deutschen Politiker
«In der deutschen Politik ist man sich einig: Übergriffe auf Frauen wie in Köln dürfen sich nicht wiederholen. Die Regierungsparteien CDU/DSU und SPD machen Druck und fordern Verschärfungen im Strafrecht. So sollen etwa straffällige Asylbewerber einfacher abgeschoben werden können, Asylsuchende an ihrem zugeteilten Wohnsitz bleiben müssen und das Begrapschen unter Strafe gestellt werden. Nicht alle Vorschläge sind allerdings in der Praxis tauglich. So verbietet es etwa die Menschenrechtskonvention, Asylbewerber in Länder abzuschieben, in denen sie an Leib und Leben bedroht sind. Ausserdem weigern sich viele Staaten, geflohene Landsleute zurückzunehmen. Auch Kanzlerin Angela Merkel lässt sich offenbar vom Aktionismus anstecken. Sie steht unter grossem Druck und hat ihre Teilnahme am WEF in Davos abgesagt. Trotzdem fährt die Regierung bloss auf Sicht, Pläne für Wohnbau-Konzepte für Flüchtlinge gibt es keine. Doch nach spätestens sechs Monaten verlassen Asylbewerber die Erstaufnahme-Zentren und brauchen dann eine individuelle Unterkunft.Und: Für eine rasche Integration ist eine sinnvolle Wohnmöglichkeit nicht unwichtig.» |