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Forschung gegen Coronavirus Wie eine Gemeinde zum Eldorado für die Wissenschaft wird

Vo‘ Euganeo bei Padua verzeichnete Italiens ersten Covid-19-Toten und wird zum Vorreiter der Bekämpfung des Corona-Virus.

Alles beginnt mit einem Anruf am 21. Februar: Andrea Crisanti, Virologe und Professor für Mikrobiologie an der Universität Padua, erhält das Ergebnis eines Abstrichs: Corona positiv. Der Patient ist 78 Jahre alt. Er kämpft im Endstadium an den Folgen einer schweren Lungenentzündung, gegen die die Ärzte seit zehn Tagen kein Mittel finden.

Andrea Crisanti hat sich seine Sporen weltweit in der Malariaforschung verdient. Seit Monaten verfolgt er aufmerksam die Corona-Infektionen weit weg in Asien. Nun hat er die Folgen dieses Virus auf seinem Tisch und plant ein einzigartiges Experiment. Dort, wo der Patient herkommt, möchte er so schnell wie möglich die gesamte Bevölkerung auf Corona testen. Es ist eine Gemeinde mit 3300 Einwohnern.

Zwei Tage später stirbt der Patient, am 24. Februar wird Vo‘ Euganeo zum Sperrgebiet. Andrea Crisanti bekommt die Erlaubnis und beginnt mit dem Screening der gesamten Bevölkerung. «Wir stellten fest: drei Prozent sind infiziert. Das ist eine enorme Zahl für eine Virusinfektion. Noch mehr überraschte uns aber die Tatsache, dass fast die Hälfte der Infizierten keine Symptome hatten und deshalb völlig ahnungslos das Virus in sich trugen.»

«Ansteckungskette unterbrochen»

Die Positiven mit und ohne Symptome werden strikt von der restlichen Bevölkerung getrennt und unter Quarantäne gestellt. Nicht einmal zu Familienmitgliedern darf noch Kontakt bestehen.

Zwei Wochen später liegt die zweite Testreihe vor: die Infizierungsrate hat sich um 90 Prozent verringert. «Nur noch 0.3 Prozent waren jetzt positiv. Damit war klar: Corona-Infizierte ohne Symptome konnten durch unsere Isolierungsmassnahmen niemanden mehr anstecken. Die Ansteckungskette war unterbrochen.»

Viele Tests – nach klaren Kriterien

Andrea Crisanti schliesst daraus: um die Verbreitung dieses Virus zu stoppen, muss viel getestet werden – aber mit einem klaren Kriterium. «Entsteht ein Infektionsherd, in einer Siedlung, in einem Wohnblock in der Stadt, dann muss das Gebiet sofort abgesperrt und alle Bewohnerinnen und Bewohner müssen getestet werden – egal, ob sie mit den bislang Infizierten in einem Kontakt standen oder nicht. Wer schnell so handelt, kann die Epidemie eindämmen.»

Denn die wahre Gefahr der raschen Verbreitung dieses Virus ist der grosse Anteil von Infizierten, die überhaupt keine Symptome aufweisen. «In Vo‘ kennen wir jeden, der erkrankt ist oder nicht», so Crisanti. «Und wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, sich zu Hause, in der Familie anzustecken, 80 Prozent höher ist als in öffentlichen Räumen.»

Deshalb sei es auch so wichtig, dass die Behörden unpopuläre Massnahmen treffen und im Fall einer Ansteckung Familienmitglieder voneinander isolieren. Im Veneto wird das praktiziert.

Testreihen werden weiter ausgewertet

Mittlerweile ist Vo' Euganeo längst nicht mehr von der Aussenwelt abgeschnitten. Doch die Bevölkerung hält sich weiterhin an die Sicherheitsbestimmungen.

Crisanti wertet nun seine Testreihen weiter aus. Er will wissen, ob und wie eine Immunität gegen das Virus entstanden ist. «Wir untersuchen jeden einzelnen Test auf die genetischen Informationen und auf ihren Einfluss bei der Bildung möglicher Abwehrkräfte.»

Wer weiss – vielleicht hilft Vo‘ Euganeo nach der wirksamen Bekämpfung der Ausbreitung jetzt der Forschung auch bei der Suche nach Antikörpern im Fall von Covid-19.

Tagesschau, 19:30 Uhr; 10.04.2020

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