SRF News: Wie laufen die Vorbereitungen für die Fussball-WM in Russland?
Christof Franzen: Gut. Im Sommer wurde in Moskau, St.Petersburg, Sotschi und Kasan der Confederations-Cup ausgetragen. Dabei erhielt Russland von der Fifa und den Medien sehr gute Noten. Etwas heikler ist die Situation wohl in noch nicht geprüften Austragungsorten wie Kaliningrad, Saransk oder Samara. Dort befinden sich Stadien und andere Infrastrukturprojekte zum Teil noch im Bau. Russlands Präsident Wladimir Putin warnte die örtlichen Verantwortlichen kürzlich, Verzögerungen würden nicht akzeptiert. Zu einer Herausforderung während der WM wird angesichts der grossen Distanzen zwischen den Austragungsorten der Transport. Es ist noch offen, ob es Direktflüge geben wird oder ob man jeweils über Moskau wird fliegen müssen.
Zunächst steht nun der harte russische Winter vor der Tür. Die Vorfreude wird im nächsten Jahr dann schon noch aufkommen.
Wie sieht es mit der Stimmung aus – freuen sich die Russen auf die Fussball-WM?
Im Moment spürt man davon noch wenig. Selbst während des Confederations-Cup im Sommer hielt sich die Begeisterung in Grenzen. So gab es etwa auch keine Public-Viewings während des Turniers. Die bislang fehlende Vorfreude hat wohl auch mit der Schwäche der russischen Fussball-Nationalmannschaft zu tun. Man traut ihr schlicht keinen Exploit zu. Zudem steht nun zunächst der harte russische Winter vor der Tür, die Vorfreude wird im nächsten Jahr dann schon noch aufkommen.
Spürt man wenigstens schon jetzt einen gewissen Stolz, dass Russland die Fussball-WM austragen kann?
Vielleicht kommt das noch. Derzeit ist die Stimmung grundsätzlich anders als vor den Olympischen Winterspielen von Sotschi 2014. Diese waren ein Symbol für das neue, aufstrebende Russland. Inzwischen hat sich die Stimmung etwas verändert: Dazwischen liegen die Doping-Skandale, die Krim-Annexion, die Konfrontation mit dem Westen mit den Sanktionen und jetzt eine stagnierende Wirtschaft. Das alles drückt hier in Russland auf die Stimmung der Menschen.
Gibt es auch offene Kritik an der Durchführung der Fussball-WM?
Grundsätzliche Kritik wird kaum laut. Solche ist allenfalls lokal zu vernehmen, etwa in St.Petersburg, wo das neu gebaute Fussballstadion ein Mehrfaches dessen kostet, was veranschlagt worden war. Es ist inzwischen eines der teuersten Stadien der Welt. Solche Vorkommnisse sorgen lokal durchaus für Unmut.
Das neue Stadion in St.Petersburg kostet mehrfach so viel, wie ursprünglich geplant. Es wird eines der teuersten Stadien der Welt.
Vor den Olympischen Spielen in Sotschi gab es viele Berichte über Gastarbeiter, die ausgenutzt und schlecht bezahlt wurden. Gibt es solche Vorwürfe auch jetzt?
Tatsächlich wurde von Organisationen wie Human Rights Watch Kritik an den Arbeitsbedingungen auf den Stadion-Baustellen geübt. So sollen Löhne viel zu spät oder gar nicht bezahlt worden sein oder Bauarbeiter hätten bei extremer Kälte ohne warme Kleidung arbeiten müssen. In St.Petersburg war die Rede von nordkoreanischen Arbeitern, die quasi in Sklavenarbeit beim Stadionbau eingesetzt wurden. Die Fifa allerdings wies die Anschuldigungen zurück und liess verlauten, bei eigenen Überprüfungen sei man zu anderen Ergebnissen gekommen.
An der EM in Frankreich 2016 gab es gewalttätige Zwischenfälle mit russischen Hooligans. Wie geht man in Russland mit den gewaltbereiten Fussballfans im Hinblick auf die WM 2018 um?
Russische Journalisten gehen davon aus, dass dies bei der Heim-WM kein grösseres Problem werden sollte. Die russischen Hooligans hätten eine deutliche Botschaft von Seiten der Sicherheitskräfte und vor allem der allmächtigen Geheimdienste erhalten, wonach ein Verhalten wie in Frankreich nicht geduldet werde. Dadurch sind spontane Streitigkeiten oder Zwischenfälle sicher nicht ausgeschlossen. Aber organisierte Hooligan-Aktionen im grossen Stil sollte es im nächsten Sommer keine geben.
Das Interview führte Christina Scheidegger.