«Berührend ist es, Sie zu treffen», sagte der israelische Premier Benjamin Netanjahu am Donnerstag zu Naama Issachar auf dem Flughafen von Moskau. Die 25-Jährige war erst am Morgen aus russischer Haft entlassen worden.
Netanjahu, der ohnehin gerade bei Putin zu Besuch gewesen war, nahm die junge Frau gleich in seinem Regierungsflugzeug mit nach Hause. Die Szene auf dem Flughafen ist das Happy End einer Geschichte, die dramatisch begonnen hatte: Issachar wurde im April vergangenen Jahres auf einem Flughafen in Moskau verhaftet. Sie war auf der Durchreise von Indien nach Tel Aviv, als russische Zöllner in ihrem Gepäck 9.5 Gramm Haschisch fanden.
Israel liefert den Hacker nicht aus
Die russische Justiz fällte ein aussergewöhnlich hartes Urteil: 7.5 Jahre Gefängnis wegen Drogenschmuggels. Russische Beobachter wunderten sich über die hohe Strafe und vermuteten politische Motive. Tatsächlich soll aus Moskau plötzlich ein inoffizielles Angebot aufgetaucht sein: Man könne Issachar austauschen gegen Alexei Burkow, einen russischen Hacker, der in einem israelischen Gefängnis sass und den Israel an die USA ausliefern wollte.
War Issachar also nur ein Pfand; eine Geisel in einem zynischen Geschacher um menschliche Schicksale? Der Gefangenenaustausch kam nicht zustande. Israel ging nicht auf den Handel ein und Hacker Burkow wurde den Amerikanern übergeben. Nun hat Putin Issachar trotzdem begnadigt.
«Junge Frau» gegen «alte Gemäuer»
Allerdings nicht ohne Gegenleistung, wie es aussieht: Israel überschrieb dem russischen Staat Ende Dezember eine historische Pilgerherberge mit Kirche mitten in der Altstadt von Jerusalem. Der Gebäudekomplex hatte einst dem zaristischen Russland gehört. Das Eigentum daran war aber in den Wirren des 20. Jahrhunderts verloren gegangen.
Offiziell will den Handel «junge Frau» gegen «alte Gemäuer» niemand bestätigen. Doch in Moskau zweifelt kaum jemand daran, dass es eine solche Abmachung gab.
Klar ist, wer politisch von der Geschichte profitiert: Einerseits Netanjahu, der mitten im Wahlkampf steckt und sich nun als Mann empfehlen kann, der sich um seine Leute kümmert, sie sogar aus russischen Gefängnissen heimholt. Andererseits aber auch Putin: Er erscheint als milder Regent mit Herz.
Am meisten von dem glücklichen Ende hat natürlich Naama Issachar. Es ist schön, dass sie freigekommen ist. Ein ungutes Gefühl bleibt trotzdem. Denn es sieht so aus, als sei das Schicksal der jungen Frau wie auf einem Basar ausgehandelt worden. Staaten sollten so etwas nicht tun. Menschen sind keine Ware, mit der man Tauschhandel betreibt.
Echo der Zeit, 30.01.2020, 18:00 Uhr