SRF News: Weshalb kommt es zu dieser Verzögerung?
Fredy Gsteiger: Das Hauptproblem ist, dass nicht klar ist, wer in Genf die syrische Opposition vertreten soll. Klar ist, gemässigte prodemokratische Kräfte gibt es in Syrien kaum noch, und sie sind schwach. Nun ist die Frage, ob auch Islamisten in Genf dabei sein sollen.
Dazu sagen Saudia-Arabien und der deutsche Aussenminister Steinmeier ja. Russland und Assad hingegen sagen klar nein. Dann stellt sich die Frage, sollen auch die Kurden dabei sein? Dazu sagt Russland ja, die Türkei aber entschieden, nein.
Einig ist man sich nur darin, dass die Terrormiliz IS nicht dabei sein soll. Und Diktator Assad eilt es auch nicht mehr so sehr mit Gesprächen, er hat gerade gestern wieder Boden gut gemacht und fühlt sich deshalb stark.
Wie gross ist die Gefahr, dass diese Syrienkonferenz gar nicht stattfindet?
Diese Gefahr besteht durchaus. Alle sogenannten Unterstützerstaaten, also Griechenland, Russland, Saudi-Arabien, die Türkei und der Iran sagen, wir wollen, wir brauchen diese Gespräche. Es wäre ja auch höchste Zeit, nach 260‘000 Toten in Syrien. Aber entscheidend ist, dass die syrischen Akteure die Gespräche selbst auch wollen und dass sie für Kompromisse offen wären.
Könnten also die Gespräche auch zur Farce verkommen?
Ja, wenn wichtige Akteure fehlen, und wenn sich niemand wirklich bewegt. Man hat das vor zwei Jahren erlebt, als Verhandlungen nach ein paar Tagen des Austauschs von Schuldzuweisungen ergebnislos abgebrochen wurden.
Was ist das Ziel dieser Syriengespräche?
Das Ziel ist vom UNO-Sicherheitsrat definiert worden und ist eigentlich recht ambitioniert. Zuerst soll ein Waffenstillstand ausgehandelt werden und bereits in sechs Monaten eine breit abgestützte Übergangsregierung eingesetzt werden.
In 18 Monaten würden dann Wahlen stattfinden, aber inzwischen wäre man mit einem bescheideneren ersten Schritt zufrieden. Der könnte lauten: Vorübergehende Waffenruhe und Zugang für humanitäre Hilfe für belagerte Städte in Syrien.
Chinas Interessen an Syriengesprächen
Moritz Rudolf ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator-Institut für China-Studien in Köln. Er erklärt, wieso China nun plötzlich diplomatisch mitmischen will. | |
---|---|
«Eine klare politische Agenda hat China nicht. Es gilt der Grundsatz der Nichteinmischung in den souveränen Staat Syrien. Doch wenn keine staatlichen Strukturen mehr existieren, leidet die politische Stabilität in der Region. Und die ist für China wichtig. China hat die Seidenstrasse-Initiative lanciert. Damit will es funktionierende Infrakstrukturen in Asien und Nordafrika aufbauen und seine geostrategischen Interessen durchsetzen. Deshalb positioniert sich das Land als Konfliktvermittler. China fühlt sich auch zunehmend vom IS bedroht. Kürzlich veröffentlichte dieser ein Video, das auf chinesisch den Dschihad verklärte.» |