Zum Inhalt springen

Gerechte Impfstoffverteilung Wer das Patent besitzt, hat das Sagen

Die Mitglieder der WHO haben sich darauf geeinigt, dass Impfstoffe gerecht verteilt werden sollen. Doch was bedeutet das?

Es klingt nach einem grossen Versprechen: Der Impfstoff gegen das Coronavirus, sofern er denn gefunden ist, soll schnell, weltweit und gerecht verteilt werden. Das Dilemma zeichnet sich aber jetzt schon ab.

Jenes Unternehmen, das den Impfstoff entwickelt, wird auf den Wirkstoff und das Herstellverfahren Anspruch erheben. Und wer die Patente besitzt, hat – in normalen Zeiten jedenfalls – das Sagen. Die Mitgliedsländer Costa Rica und Chile schlagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) deshalb vor, dass es einen Pool geben soll, in dem alle Patente im Zusammenhang mit Wirkstoffen gegen Covid-19 und deren Herstellverfahren verwaltet werden sollen.

Keine Exklusivrechte in Krisenzeiten

Eine Idee, die auch die Nicht-Regierungsorganisation Public Eye unterstützt. Patrick Durisch, zuständig für Gesundheitspolitik, sagt: «In dieser Krisenzeit dürfen keine Exklusivrechte den Kampf gegen die Pandemie behindern.» Die Rechte würden also bei einer Instanz liegen, die unabhängig ist von der Firma, die den Impfstoff entwickelt hat, unabhängig von den Geldern, die in die Entwicklung geflossen sind und unabhängig vom Produktionsstandort.

Möglich wäre auch, dass die WHO selbst zur Patenthalterin würde. Für Ilona Kickbusch, die früher selbst für die WHO tätig war und heute Regierungen und Organisationen in Gesundheitsfragen berät, wäre das tatsächlich eine Innovation: «Das wäre auch eine ganz interessante Innovation und eine neue Dimension auch im Kontext von globaler Gesundheit.» Ob sich die Länder und Firmen demnächst zu einer solchen Lösung verpflichten und wie die Umsetzung geregelt würde, ist offen. Pharmafirmen sehen das kritisch.

Chef von Roche gegen Pool-Lösung

Patente seien grundsätzlich die Treiber von neuen Entwicklungen, sagte Severin Schwan, Konzernchef von Roche, vor ein paar Wochen in der SRF-Wirtschaftssendung «Trend». Angesprochen auf Forderungen, wonach Pharmafirmen Patente für Coronamittel abgeben sollen, argumentierte er: «Erstens: Kurzfristig ist es sowieso nicht möglich, dadurch die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Und längerfristig wäre es sogar schädlich und es würde weniger in Innovation investiert werden.»

Bei der Umsetzung des Versprechens nach Gerechtigkeit greifen also zahlreiche Fragen ineinander. Die Patente sind das eine. Die Mengen, die überhaupt verteilt werden können, das andere. Klar ist derzeit nur: Es gibt mehr Fragen als Antworten. Und auch ein Impfstoff ist noch nicht in Sicht.

Wirtschaftsmagazin «Trend»

Box aufklappen Box zuklappen
Logo der Sendung «Trend»

Mehr zum Thema hören Sie in der Sendung « Trend » jeweils am Samstag um 8.13 Uhr auf Radio SRF 1 und um 16.30 Uhr auf Radio SRF 4 News.

Rendez-vous, 22.05.2020, 12:30 Uhr

Meistgelesene Artikel