Am 6. Januar ist der iranische Tanker «Sanchi» auf hoher See mit einem chinesischen Frachter kollidiert und in Brand geraten. Alle 32 Besatzungsmitglieder kamen dabei vermutlich ums Leben. Nach mehreren Explosionen sank die «Sanchi» am Sonntag. Das Schiff hatte bei seiner Havarie 136'000 Tonnen Leichtöl an Bord. Medienberichten zufolge hatte der chinesische Frachter bis zu tausend Tonnen Treibstoff geladen.
Die Behörden der Volksrepublik beteuern nun, dass die Umweltauswirkungen durch das austretende Leichtöl begrenzt seien. Sigrid Lüber sieht das anders. Sie ist für die Internationale Zusammenarbeit der Organisation Oceancare zuständig, die auch die UNO berät.
SRF News: Die chinesische Meeresbehörde erklärt, vom brennenden Öltanker ginge keine erhebliche Gefahr für die Umwelt aus.
Sigrid Lüber: Das kann ich nicht glauben.
Weshalb nicht?
Die Chinesen sagen, es handle sich um Leichtöl. Dieses würde schnell verdunsten. Ich halte es aber für naiv zu glauben, dass sich diese Stoffe einfach in Luft auflösen. Fossile Brennstoffe bleiben giftig. Solche Katastrophen schädigen die Umwelt immer in irgendeiner Form.
Können Sie das konkretisieren?
Kurzfristig können vor allem Meeressäuger betroffen sein, Wale und Delfine, die auftauchen, werden von den Giftstoffen sofort in Mitleidenschaft gezogen. Das Öl greift zum Beispiel ihr Atemloch an. Langfristig kann das Ökosystem auf allen Ebenen Schaden nehmen. Das wissen wir aus Untersuchungen der Katastrophe von Deep Water Horizon im Golf von Mexiko.
Dabei sind aber grössere Mengen ausgelaufen.
Das stimmt. Die Schäden sind örtlich vielleicht begrenzter. Dennoch sind sie vorhanden. Das Gift dringt ins Ökosystem ein, vergiftet die Meerestiere – und gelangt letztlich auch in die menschliche Nahrungskette. Selbst, wenn das Öl verbrennen oder verdunsten sollte: Die Giftstoffe kommen irgendwo wieder runter. Und richten dort ihren Schaden an.
Welche Konsequenzen müssen wir ziehen?
Wir müssen solche Havarien weiterhin sehr ernst nehmen. Wir dürfen uns keinesfalls daran gewöhnen. Auch wenn die Verantwortlichen den Schaden herunterspielen.
Das Interview führte Reto Kohler.