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Gipfeltreffen USA-Nordkorea Der Sieger heisst Kim Jong-un

Freundlich lächeln, Hände schütteln, Schulterklopfen. Kim Jong-un wirkte beim Auftakt routiniert und liess sich vom mächtigsten Mann der Welt nicht einschüchtern.

Erst bei der Unterzeichnung am Ende des Gipfels schien Kim etwas überwältigt, als Trump Fragen von Journalisten direkt beantwortete. Denn: Für Kim war das Treffen Neuland, seine erste Reise als nordkoreanischer Machthaber ins nicht-sozialistische Ausland.

Auch wenn vor allem Donald Trump zu den Medien sprach, kann Kim Jong-un den Gipfel als Erfolg verbuchen. Die Fernsehbilder zeigten ihn auf Augenhöhe mit dem mächtigsten Mann der Welt. Allein dies verleiht Kim und seinem Regime die gewünschte Legitimation.

Nach dem Treffen bezeichnete Trump Kim erneut als talentierten jungen Mann – dies nachdem er von Journalisten auf die schlechte Menschenrechtslage angesprochen wurde.

Auch will Donald Trump die grossangelegten Militärmanöver mit Südkorea vorerst auf Eis legen, diese Übungen wurden in der Vergangenheit immer wieder von Nordkorea kritisiert.

Vage Erklärung

Gleichzeitig musste sich Kim auf keine konkreten Versprechungen festlegen. Das historische Treffen endete mit einer vagen Absichtserklärung. In dem kurzen Dokument sagen die beiden Seiten lediglich, sie wollten auf eine vollständige atomare Abrüstung auf der Koreanische Halbinsel hinarbeiten.

Vom von den USA immer wieder geforderten sogenannten CVID ist darin nicht mehr die Rede. Diese «vollständige, überprüfbare, unumkehrbare atomare Abrüstung» hat keinen Eingang ins Dokument gefunden. Stattdessen sagte Trump nach dem Treffen, eine atomare Abrüstung würde Zeit in Anspruch nehmen.

Anstatt einer sofortigen atomaren Abrüstung, will Nordkorea ohnehin lieber eine schrittweise Abrüstung. Im Gegenzug will es für jeden dieser Schritte auch Zugeständnisse von den USA erhalten. Allen voran gehören Garantien, die das Überleben von Kims Regime sicherstellen sollen.

Sicherheitsgarantien werden im Dokument zwar erwähnt, jedoch nicht, wie diese aussehen könnten. Auch eine Lockerung der Sanktionen oder wirtschaftliche Hilfe fehlen in der gemeinsamen Erklärung.

Es gab schon einmal Hoffnung

Schon in der Vergangenheit bot Nordkorea den Dialog an. So gab es im Jahr 2000 eine gewisse Öffnung, als Kim Jong-uns Vater, Kim Jong-il, sich mit dem damaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung traf – dem Architekten der Sonnenscheinpolitik. Kim Jong-il schüttelte sogar dem japanischen Premierminister Junichiro Koizumi die Hand, und Nordkorea nahm diplomatische Beziehungen mit mehreren westlichen Ländern auf. Sein Atomprogramm gab Nordkorea deshalb jedoch nicht auf, sondern baute es weiter aus.

Rasche Annäherung seit Januar

Nach den Spannungen in den letzten Jahren ging es seit Januar nun Schlag auf Schlag: Nordkorea zeigte sich bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea im Februar, bereits im April fand der erste Gipfel zwischen Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in und Kim Jong- un statt, und nun das historische Treffen zwischen einem nordkoreanischen Machthaber mit einem amtierenden US-Präsidenten.

Wer entsprechend hohe Erwartungen an das heutige Treffen hatte, wurde von der kurzen gemeinsamen Erklärung enttäuscht. Doch: Es sollen nun weitere Treffen folgen, in denen konkrete Details ausgehandelt werden. So gesehen ist der heutige Gipfel nicht der Höhepunkt der Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea, sondern erst der Anfang eines langen und wahrscheinlich sehr steinigen Weges.

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

Sendebezug: SRF 4 News, 5 Uhr.

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