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«Green Deal» der EU Kampf fürs Klima, Kampf ums Geld

Ursula von der Leyen setzt als neue Präsidentin der EU-Kommission auf ein Ziel, das mittlerweile auf breiten Zuspruch stösst: Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden. Dieses Ziel will sie nun mit gigantischen Investitionen in die Energiewende erreichen.

Dank des Investitionsplans, den die EU-Kommission präsentiert hat, sollen bis 2030 jährlich 100 Milliarden Euro für die Energiewende mobilisiert werden: Gelder für neue Stromnetze zum Beispiel, für Gebäudesanierungen und die Elektromobilität sowie für den klimafreundlichen Strukturwandel.

Der Investitionsplan bedient sich freilich zum allergrössten Teil bereits bestehender Mittel. Die Regional- und Sozial-Fonds der EU sowie die Europäische Investitionsbank sollen ihre Gelder stärker als bisher für die Energiewende einsetzen. Klimaschädliche Investitionen sollen in Zukunft vermieden werden.

Die EU-Kommission erwartet, dass sich die Mitgliedstaaten und die Privatwirtschaft mit zusätzlichem Geld an den Investitionen beteiligen. Dank der Hebelwirkung soll ein jährliches Volumen von 100 Milliarden Euro erreicht werden.

Geld für sozialverträgliche Energiewende

Ob das gelingt, ist fraglich. Bereits mit dem sogenannten Juncker-Plan sollten EU-Gelder die Investitionen der Mitgliedsstaaten und von Privaten ankurbeln und die europäische Wirtschaft in Schwung bringen. Doch der Europäische Rechnungshof, die unabhängige Prüfinstanz der EU, stellt dem Juncker-Plan ein schlechtes Zeugnis aus. Seine Ziele habe er verfehlt.

Wirklich neues Geld hat die EU-Kommission heute erst einmal nur für die soziale Ausgestaltung der Energiewende vorgeschlagen. So sollen Regionen, die noch stark von der Stromerzeugung aus Kohle abhängen, beim Strukturwandel unterstützt werden. Zum Beispiel mit Geldern für Umschulungen oder Investitionen in neue Arbeitsplätze.

Zu diesem Zweck soll das EU-Budget in den Jahren 2021 bis 2027 insgesamt um – letztlich bescheidene – 7.5 Milliarden Euro erhöht werden. Der Erhöhung müssen die Mitgliedsstaaten noch zustimmen. Doch der Wunsch nach Mehrausgaben ist gerade bei den reichen EU-Staaten bescheiden.

Kampf ums Geld

Und natürlich will vom Investitions-Kuchen, den die EU-Kommission backen will, am Ende jeder EU-Staat ein möglichst grosses Stück für sich. Die Osteuropäer haben gigantischen Nachholbedarf. Sie wollen möglichst viele der Klima-Milliarden für ihre veralteten Industrien.

Doch Nachholbedarf gibt es auch im Westen, etwa bei den Stromnetzen. Länder wie Deutschland werden sich nicht bloss mit Brosamen begnügen. Mit dem heute angekündigten Investitionsplan wird der grosse Kampf fürs Klima zum grossen Kampf ums Geld. Wobei die heute präsentierte Riesensumme erst einmal bloss eine Rechnung ist – eine Rechnung mit vielen Variablen, die nur aufgeht, wenn ihr sehr zuversichtliche Annahmen zugrunde gelegt werden.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

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