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International Griechische Hausbesitzer bangen um ihr Daheim

Drei von vier Griechen leben in einem Eigenheim. Doch viele von ihnen sind über beide Ohren verschuldet. Ihre eigenen vier Wände können sie nur halten, weil ihnen der Staat per Gesetz hilft. Doch die internationalen Geldgeber drängen darauf, diese Hilfe einzuschränken.

Giorgos Rakitzis hat im Büro des griechischen Schuldnervereins in der Athener Innenstadt vor einer Mitarbeiterin Platz genommen und hört ihr aufmerksam zu. Sie zählt ihm die Unterlagen auf, die er einreichen muss, damit seine Wohnung nicht unter den Hammer kommt.

Der 61-Jährige schildert seine Situation: «Ich hatte eine Speditionsfirma und es lief über Jahre wirklich sehr gut. Also haben wir uns entschieden, einen Kredit aufzunehmen, um eine Eigentumswohnung zu kaufen. Doch dann kam die Krise. Wir mussten die Firma schliessen und seit vier Jahren sind alle in der Familie arbeitslos.»

Eigenheimbesitzer bisher geschützt

Von den 72‘000 Euro, die Rakitzis als Darlehen aufgenommen hatte, sind immer noch 40‘000 übrig – eine Summe, die er nie und nimmer abzahlen kann, sagt er. Seine Hoffnung: Das sogenannte Gesetz Katseli von 2010. Dieses Gesetz, benannt nach der damaligen sozialistischen Arbeitsministerin Louka Katseli, schützt unter bestimmten Voraussetzungen den Hauptwohnsitz des Schuldners und mindert die monatlichen Raten.

Markos Hatzipieras, Rechtsanwalt des Schuldnervereins, erklärt, dass das Gericht laut dem Gesetz überprüfen müsse, ob der Schuldner mit seinem aktuellen Einkommen über die Runden kommen kann: «Was übrig bleibt, geht an die Bank zur Abzahlung des Kredites. Und wenn die betroffene Immobilie der Erstwohnsitz der Familie ist, schützt das Gesetz auch vor einer Zwangsversteigerung. Es ist ein faires Gesetz. Derjenige, der noch Geld hat, kann davon nicht profitieren, er muss weiter zahlen.»

Zwangsvollstreckungen gefordert

Trotzdem sei dieser Schutz zu breit, kritisieren die internationalen Geldgeber und pochen auf Zwangsvollstreckungen im grossen Stil. In Zukunft sollen nur noch die Schuldner unter Schutz stehen, die an der Armutsgrenze leben und deren Immobilie einen relativ kleinen Wert hat. Die Rede ist von weniger als 80‘000 Euro.

Hatzipieras bezeichnet diese Massnahme als barbarisch: «Man kann doch die Menschen nicht einfach so auf die Strasse setzen. Es machen verrückte Szenarien die Runde: Dass zum Beispiel die Immobilienbesitzer ihr Zuhause gegen eine kleinere Wohnung austauschen und die ursprüngliche Immobilie an die Bank abtreten sollen.» Dies sei kein durchdachter Plan, fügt der Rechtsanwalt an.

300'000 Haushalte betroffen

Schätzungen zufolge wären von einer Lockerung des Gesetzes rund 300‘000 Haushalte betroffen: Vor allem Familien der Mittelschicht, die die Kredite in guten Zeiten aufgenommen hatten und nun vor einem grossen Schuldenberg stehen.

Zu dieser Gruppe gehört Eleni Pagoni. Die 52-jährige Gymnasiallehrerin bekommt nach fast 25 Jahren im Beruf nur noch 1200 Euro Gehalt. Die Rate in Höhe von 600 Euro könne sie bei diesem Lohn nicht mehr zahlen, sagt die alleinerziehende Frau.

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Griechische Hausbesitzer fürchten um ihr Heim
aus Rendez-vous vom 03.11.2015. Bild: Reuters
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Regierung wird wohl einknicken

Dass die griechische Regierung die Eigenheime wirklich weiterhin schützen kann, glaubt Pagoni nicht: «Ich bin mittlerweile so weit, dass ich denke, es ist besser, wenn sie uns die Häuser nehmen. Ich werde meine Schulden nie zurückzahlen können. Das sind 90‘000 Euro! Besser, ich verliere mein Haus jetzt, als dass ich für immer diesen Schuldenberg wie einen Strick um den Hals habe.»

Auch wenn die Regierung damit eines ihrer grössten Wahlversprechen brechen muss, wird ihr wohl am Ende keine andere Wahl bleiben, als den Schutz des Eigenheims stark einzuschränken. Dies ist eine der Auflagen, die das dritte Hilfspaket vorsieht. Und die internationalen Geldgeber erhöhen den Druck: Erst wenn es eine Einigung bezüglich der Zwangsversteigerungen und weiterer Reformen gibt, wollen sie die nächste Tranche in Höhe von zwei Milliarden Euro freigeben.

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