Darum geht es: China plant einen gigantischen Staudamm in Tibet. «China hat sich ein grosses Urbanisierungsziel gesetzt. Es will bis ins Jahr 2030 fast eine Milliarde Bürger in städtischen Zentren ansiedeln. Und die brauchen Strom und Wasser», sagt Simona Grano, Privatdozentin am Asien-Orient-Institut der Universität Zürich. In der Nacht, wenn wenig Strom verbraucht wird, würden die Schleusen des Stausees geschlossen, um die Energie zu speichern. Am Tag würde der Wasserspeicher entleert, um Strom zu generieren.
Der Drei-Schluchten-Staudamm am Jangtsekiang in der chinesischen Provinz Hubei hat eine Stromerzeugungskapazität von 22'000 Megawatt. Das neue Projekt könnte dreimal so viel Strom generieren.
Weltweit ergiebigste Region in Bezug auf hydroelektrische Ressourcen : Viele asiatische Flüsse entspringen im tibetischen Hochland und versorgen Millionen von Menschen in anderen Ländern wie zum Beispiel Indien und Bangladesch.
Auswirkungen auf die Ökologie: «Staudämme verändern die Selbstregulation von Flüssen», sagt Grano. Abgesehen davon, dass durch die Überflutung die Fauna und Flora zerstört wird, werden auch Treibhausgase freigesetzt. «Bäume und andere Pflanzen zersetzen sich und geben grosse Mengen an Kohlenstoff in die Atmosphäre ab.» Dies habe Auswirkungen aufs Klima.
Auswirkungen auf die tibetische Kultur : Dieses Gebiet sei noch sehr reich an tibetischer Kultur, sagt die Wissenschaftlerin. Um so ein Bauwerk zu erstellen, brauche es die entsprechende Infrastruktur. «Das hat nicht nur einen Einfluss auf die Umwelt, sondern es müssen auch Arbeiter importiert werden», so Grano. Die meisten Arbeiter für solche Projekte seien Han-Chinesen, die aus anderen Provinzen Chinas kommen. Darunter würde die tibetische Kultur leiden.
Befürchtungen in Indien und Bangladesch: Die unterschiedlichen Wassermengen spüren die Länder an den Flussläufen deutlich. «Indien und Bangladesch befürchten, dass dies – je nach der Entwicklung der geopolitischen Situation in China – ein Werkzeug werden könnte.» Und wenn das Wasser knapp wird, verlieren flussabwärts Millionen von Menschen, die ihren Lebensunterhalt zum Beispiel durch Fischfang verdienen, ihre Lebensgrundlage. Es gebe keine bindenden Verträge, die China hindern würden, das Wasser zu verknappen, nur eine Absichtserklärung.