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Hafen von Dover Wie sich Englands «Tor zu Europa» auf den Brexit vorbereitet

Der oberste Beamte von Dover hofft, dass es zu einem geregelten Austritt kommt. Doch vorbereitet ist er auf alles.

Der Hafen von Dover ist das Tor zu Europa, Brexit hin oder her. Tausende Lastwagen transportieren Waren über den Ärmelkanal rund um die Uhr hin und zurück. Wie kaum ein anderer Ort im Vereinigten Königreich blickt die Stadt darum gespannt nach Westminister ins Parlament in London. Einfacher wäre es, das Unterhaus würde irgendeinem Brexit-Deal mit der EU zustimmen. Dover ist aber auch vorbereitet, wenn die Regierung und das Parlament bis Ende März keine Einigung finden, wenn Grossbritannien aus der EU austreten wird.

Ein funktionierender Hafen ist überlebenswichtig

Setzt sich Premierministerin Theresa May doch noch durch und es kommt ein Vertrag zustande, dann wäre die ganze Arbeit von Keith Morris für die Katz. Das wäre ihm ganz recht. «Im besten Fall werden wir irgendwann einen Deal haben, egal welchen. Dann wird der Hafen von Dover funktionieren wie in den letzten 40 Jahren.»

Morris ist der oberste Verwaltungsbeamte von Dover. Sein Job ist, die Zukunft zu planen und Politikern in Erinnerung zu rufen, dass die britische Industrie ohne einen funktionierenden Hafen in Dover nicht überleben kann. Das bedingt aber ein Scheidungsabkommen mit der EU. Die Ungewissheit ist die grösste Gefahr für Dovers Hafen.

Erst vor zwei Wochen konnte er zur Kenntnis nehmen, dass die Regierung seine Botschaft hörte. Der zurückgetretene Brexit-Minister Dominic Raab musste nämlich im Parlament zugeben, dass er das Problem Dover unterschätzt hatte. «Naja, die Einsicht der Regierung erfolgte etwas spät, aber immerhin», sagt Morris.

An Rekordtagen sind es 10’000 Lastwagen

Hafenangestellte in leuchtend gelben Westen winken Lastwagen über das Hafengelände. Die Laster werden von 120 Fähren pro Tag ausgespuckt. An Spitzentagen fahren 10'000 LKWs in den Hafen hinein und aus dem Hafen hinaus, auf einer doppelstöckigen Zufahrtsstrasse, dem «Catwalk»; dem Laufsteg der europäischen Logistik-Branche.

Drei Minuten benötigt ein Lastwagen, um vom Schiff runter aus dem Hafen auf die Autobahn einzubiegen. Es sind wertvolle drei Minuten. Denn «just in time» wird geliefert. Viele britische Firmen sparen sich so die Lagerhallen. Sie verlassen sich darauf, dass die Zulieferer aus Europa die bestellten Waren auf die Minute genau anliefern. Das sind die Vorteile des EU-Binnenmarktes ohne Zollkontrollen.

Kontrollen würden alles blockieren

Dass wieder Zollkontrollen eingeführt werden müssten, fürchtet Morris am meisten. In diesem Fall würden sich die Lastwagen auf 50 Kilometer stauen, haben Experten ausgerechnet. Diesen Notfall plant Morris. «In diesem Fall müssten wir 10'0000 LKW-Abstellplätze entlang der Autobahn schaffen. Reicht das nicht aus, werden wir die Lastwagen überall im Land zurückhalten. Natürlich würde das landesweit viel zu reden geben.»

Denn Morris weiss, dass genau jene Politiker laut aufschreien werden, die jeden Deal mit der EU bekämpfen. Darum formuliert er kurz vor Weihnachten einen Wunsch an die vereinigten Parlamentarier: «Entscheidet endlich, im besten Fall vernünftig. Brexit ist viel zu wichtig für politische Spiele.» Es gehe um die ganze Nation und um Europa.

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