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Halbherziger Klimaschutz Kein einziger G20-Staat auf 1.5-Grad-Kurs

  • Die G20-Staaten tun einer internationalen Untersuchung zufolge weiterhin zu wenig, um die Erderwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen.
  • Der Treibhausgas-Ausstoss der 19 Industrie- und Schwellenländer und der Europäischen Union steigen demnach weiter.
  • Im vergangenen Jahr nahmen die Emissionen um 1.8 Prozent zu.

Das sind die Kernaussagen des «Brown to Green»-Report, den das Netzwerk Climate Transparency veröffentlicht hat – drei Wochen vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Madrid. Die führenden Industrie- und Schwellenländer der G20 sind für 80 Prozent des Treibhausgas-Ausstosses verantwortlich.

Der «Brown to Green»-Report

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Climate Transparency wird unter anderem von der Weltbank und vom Bundesumweltministerium unterstützt. Der «Brown to Green»-Report stellt seit 2015 jedes Jahr dar, wie die G20 im Klimaschutz vorankommen. Das sind Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, die USA und die Europäische Union.

Die Wissenschaftler und Umweltschützer haben auch eine optimistische Botschaft: Rund die Hälfte der G20, darunter die EU, dürfte ihre bisherigen, selbst gesetzten Klimaziele übererfüllen. Damit könnten sie wie im Pariser Klimaabkommen vorgesehen im Jahr 2020 neue, ehrgeizigere Ziele vorlegen.

In dem Abkommen haben sich fast alle Länder der Welt vorgenommen, die Erderhitzung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen – viele Staaten und Experten halten das 1.5-Grad-Ziel für notwendig.

Report: 16'000 Opfer jährlich

Um knapp ein Grad hat sich die Erde schon erwärmt. Wenn die Staaten nur ihre aktuellen Klimaschutz-Zusagen erfüllen, dürften es Klimaforschern zufolge bis Ende des Jahrhunderts 3 Grad werden – mit katastrophalen Folgen für Gletscher und Polareis, Korallenriffe, Artenvielfalt – und auch für die Menschheit.

Der Klimawandel lässt das Risiko für extreme Hitze- und Kältewellen, Dürren, schwere Stürme und Starkregen schon jetzt steigen. Extreme Wetterereignisse kosten in den G20-Staaten dem Report zufolge jährlich rund 16'000 Menschenleben und führen zu wirtschaftlichen Einbussen von 142 Milliarden US-Dollar.

Bis 2070: Keine Treibhausgase mehr

Nach den Massstäben des 1.5-Grad-Berichts des UN-Klimarats müssten die G20-Staaten ihren Treibhausgas-Ausstoss bis 2030 um mindestens 45 Prozent im Vergleich zu 2010 reduzieren, wie die Experten im «Brown to Green»-Report erläutern. Bis 2070 dürften sie unterm Strich keine Treibhausgase mehr ausstossen.

Das bedeutet, dass alle verbleibenden Emissionen ausgeglichen werden müssten. Dafür müsste der Verbrauch von Erdöl, Kohle und Erdgas drastisch sinken. Derzeit beziehen die G20-Länder 82 Prozent ihrer Energie – nicht nur für Strom, sondern auch für Verkehr und Heizungen – aus solchen fossilen Quellen. Und der Energiebedarf steigt.

Windräder, Solaranlage
Legende: Der Energieverbrauch aus fossilen Quellen muss drastisch sinken. Doch verglichen mit Wind- und Solarenergie sind Öl, Kohle und Gas immer noch die Hauptenergielieferanten. Keystone

Der Report zeige, «dass es in allen relevanten Bereichen Vorreiter unter den G20-Staaten gibt, die den Wandel zur Emissionsfreiheit vorantreiben», so Jan Burck von der Nichtregierungsorganisation Germanwatch, der zu den Autoren des Reports gehört. «Allerdings geschieht dies bisher nur in Teilbereichen und bezogen auf die gesamte G20 noch deutlich zu langsam.»

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