Zum Inhalt springen

Handelsabkommen mit den USA «Trudeau hat die Nerven behalten»

In letzter Minute haben sich die USA und Kanada auf eine Neuauflage des Freihandelsabkommens Nafta geeinigt. Die Neufassung soll einen neuen Namen erhalten: USA-Mexiko-Kanada-Abkommen USMCA. Was neben dem Namen sonst noch neu ist, erklärt SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: US-Präsident Donald Trump hat Neuverhandlungen gefordert, weil er die USA benachteiligt sah. Hat er nun bekommen, was er wollte?

Fredy Gsteiger: Er hat einiges bekommen – allerdings wohl weniger, als er selber behauptet. Aber vermutlich genug, um es vor den bevorstehenden Zwischenwahlen als Erfolg darzustellen. Und das wird ihm gelingen, weil es ein paar Punkte gibt, bei denen die Amerikaner etwas herausgeholt haben.

Was sind das konkret für Punkte?

Die Mexikaner müssen ihren Arbeitern in der Automobilindustrie höhere Löhne zahlen. Das heisst, damit wird die Produktion in den Vereinigten Staaten vergleichsweise konkurrenzfähiger. Die Mexikaner müssen auch mehr Bestandteile für Autos in den USA kaufen. Gegenüber Kanada hat er herausgeholt, dass Kanada seine Märkte für Milchprodukte etwas öffnen muss. Und er hat den neuen Namen USMCA – ein Zungenbrecher – herausgeholt. Damit sollte der Name Nafta, der bei Trump verhasst ist, verschwinden. Ob sich der neue Name allerdings in der Öffentlichkeit durchsetzt, ist sehr offen.

Auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau sprach nach der Einigung von einem guten Tag für sein Land. Ist es das tatsächlich?

Ja, so sehen es praktisch alle kanadischen Beobachter. Es ist in der Tat schon ein riesiger Erfolg für Kanada, dass Nafta – unter welchem Namen auch immer – fortbesteht. Dieses Freihandelsabkommen ist nun mal ganz wichtig für sie.

Beim Autohandel hat Trudeau erreicht, dass es im Moment keine wesentlichen Einschränkungen gegenüber dem Status quo gibt.

Die Kanadier wollten immer an Nafta festhalten, und haben nun auch durchgesetzt, dass weiterhin eine internationale, und keine amerikanische Schiedsinstanz bei Streitfällen entscheidet. Die Amerikaner wollten dies ändern, doch das hätte keine faire Durchsetzung des Abkommens mehr erlaubt. Und beim Autohandel hat Trudeau erreicht, dass es im Moment keine wesentlichen Einschränkungen gegenüber dem Status quo gibt. Die amerikanischen Autohersteller, die in Kanada produzieren, können also weiterhin die Autos aus Kanada ohne Zölle nach Amerika exportieren.

Mexiko und die USA hatten bereits Ende August eine vorläufige Einigung erzielt und angekündigt, Kanada allenfalls aussen vorzulassen. Hat Trudeau primär diesem Druck nachgeben müssen?

Der Druck war in der Tat enorm, vor allem psychologisch. Es gab persönliche Angriffe gegen Trudeau von Trump. Er hat ihm zwar nur begrenzt nachgeben müssen. Aber ein kleinerer Partner ist stets mehr auf ein Abkommen angewiesen als der Grosse, der einen eigenen grossen Binnenmarkt besitzt. So gesehen haben die Kanadier hart verhandelt. Trudeau, dem etwas das Image anhängt, ein Softie zu sein, hat die Nerven behalten und ist nicht eingeknickt.

Kanada und die USA sind enge Partner. Trotzdem ist ihr Verhältnis nicht immer das Beste. Kittet die Einigung nun auch diese Beziehungen?

Auf einer sachlichen Ebene müsste das der Fall sein. Das ist auch wichtig, denn die beiden Länder sind in der Tat enge Partner. Beide sind Demokratien. Sie sind Partner in der Nato, sind beide in der Gruppe der G7, der Austausch – wirtschaftlich und auf menschlicher Ebene – ist ausgesprochen intensiv. Auf der psychologischen Ebene dürften aber Narben und Spannungen bleiben.

Und Trump scheint eine persönliche Abneigung gegen den kanadischen Premier zu haben. Sie sind ein Stück weit Gegenmodelle. Trudeau ist sozial, liberal, weltoffen und auch an Umweltpolitik interessiert. Trump ist so ziemlich das Gegenteil von Trudeau. Dieses Verhältnis wird sehr schwierig bleiben.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Meistgelesene Artikel