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Handelskonflikt USA-China Chinas Mittelschicht will nicht auf US-Produkte verzichten

US-Konzerne leiden bis jetzt nicht unter den Sonderzöllen: Chinas urbane Mittelschicht will nicht auf ihre Produkte verzichten.

Martin Wu sitzt in der Fussgängerpassage vor einem Café, vor sich eine Tasse Americano. Mit dem Finger fährt er über sein neues Smartphone, ein iPhone 10. Mit der Smartphone-App browst Martin Wu durch das Angebot an amerikanischen Kleidermarken. «Das ist ‹Urban Outfitter›. Ihre Produkte werden direkt aus den USA geliefert. Ich habe online gerade dieses T-Shirt von ‹Champion› bestellt, in China ist es nicht erhältlich.»

Wu ist 38 Jahre alt, verheiratet und wohnt in Shanghai. Er gehört zu Chinas Mittelschicht. Sie besteht inzwischen aus einer halben Milliarde Menschen. Es ist ein wachsender Markt auf den auch US-Konzerne wie Apple oder Starbucks setzen.

Boykottaufrufe in der Vergangenheit

Als sich China vor sechs Jahren mit Japan um Inseln im Ostchinesischen Meer stritt, folgten Boykottaufrufe gegen japanische Produkte. Dasselbe passierte mit Südkorea im vergangenen Jahr. Chinas Ärger mit Südkoreas Regierung bekam eine südkoreanische Kaufhauskette zu spüren. Zudem brachen die chinesischen Touristenzahlen in Südkorea ein.

Boykottaufrufe gegen US-Produkte gibt es aber noch keine. Auch Chinas Medien halten sich zurück, heizen die angespannte Situation nicht noch zusätzlich an. Denn Boykottaufrufe gegen US-Unternehmen wären völlig irrational, sagt Ökonomieprofessor Oliver Rui von der Chinese European International Business School in Shanghai:

Von einem Boykott würde niemand profitieren. Ich denke nicht, dass die chinesische Regierung so etwas will
Autor: Oliver Rui Ökonomieprofessor in Shanghai

«Davon würde niemand profitieren. Ich denke nicht, dass die chinesische Regierung so etwas will.» Bei diesen Unternehmen handle es sich ja nicht nur um US-Firmen, sondern längst auch um internationale Konzerne.

Auch chinesische Arbeitsplätze wären betroffen

Von solchen Boykotten würden auch chinesische Arbeitsplätze getroffen. Starbucks ist in China mit rund 3000 Filialen vertreten, auch werden Apple-Produkte nach wie vor in China hergestellt. Einen Boykott von US-Produkten kann sich auch Martin Wu nicht vorstellen, schon gar nicht gegen Apple.

Zwei Jugendliche auf einer Bank im US-Look in einer Pekinger Mall
Legende: Chinas Mittelschicht hat keine Lust, auf US-Produkte zu verzichten. Keystone

«Ich könnte natürlich auf die chinesischen Hersteller Huawei oder Xiaomi ausweichen. Aber nein, das will ich nicht. Das ist einfach nicht dieselbe Qualität wie das iPhone.» Mit Nationalstolz habe dies gar nichts zu tun, sagt er, sondern einfach mit persönlichen Vorlieben. Nur wegen des Handelskonflikts will er sie nicht aufgeben.

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