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Hellmacher in Nigeria Lieber hell statt dunkel – auch wenn es gefährlich ist

Viele Menschen in Nigeria benutzen Bleichlotionen. Damit hoffen sie, bessere Chancen auf dem Partner- und Jobmarkt zu haben.

«Diese da, ‹Pure White Glow›, diese Creme hellt die Haut sehr gut auf», erklärt Emeka Nash. Der winzige Shop ist vollgestopft mit Lotionen. «B light», «Stay White», «Rapid Clair». Die Namen der Produkte tönen alle ähnlich und versprechen dasselbe: einen helleren Hautton innert kürzester Zeit.

Bleichungsprodukte im Regal
Legende: Anna Lemmenmeier/SRF

Und das verkaufe sich gut, so der 32-jährige Verkäufer: «Heutzutage wollen fast alle eine hellere Haut. Und all diese Leute kommen zu mir und fragen nach Bleichcremen.» Das Geschäft laufe gut.

Verkäufer Emeka Nash
Legende: Anna Lemmenmeier/SRF

Sich die Haut aufzuhellen, ist in Nigeria unter Frauen wie Männern ein weitverbreitetes und sozial akzeptiertes Phänomen. Auf jedem Markt, in jedem Supermarkt und selbst in Apotheken sind Bleichcremes zu finden. In allen sozialen Schichten wird die Haut aufgehellt. Auch Verkäufer Nash benutzt Bleichlotionen: «Die Creme benutze ich nur über Nacht. Wann immer ich das Gefühl habe, nun bin ich etwas zu weiss, höre ich wieder auf. Als Mann muss ich mich ja nicht derart hell machen.»

Es stimmt, dass wir wie die Weissen aussehen wollen. Aber das ist unsere eigene Wahl.
Autor: Sophia Bennet hellt ihren Hautton mit Bleichlotionen auf

Doch als Mann mag er die «Ladys» am liebsten, wenn ihre Haut möglichst hell ist. Das sei attraktiv. Und so sieht es auch die Kundin, die sich hier im winzigen, stickigen Shop auf dem Markt in Abuja, beraten lässt. Die 26-jährige Sophia Bennett kauft hier regelmässig Bleichlotionen. Auch wenn sie nicht von Bleichen spricht.

Kundin Sophia Bennet
Legende: Anna Lemmenmeier/SRF

Sie hole damit ihren wahren Hautton hervor, die Lotionen würden ihre Haut erstrahlen lassen. Mit dem Vorwurf, dem weissen Schönheitsideal nachzueifern sei ein Erbe der Kolonialzeit und darum zu unterbinden, kann Bennett gar nichts anfangen: «Ich negiere meine Identität als Afrikanerin damit nicht. Es stimmt, dass wir wie die Weissen aussehen wollen. Aber das ist unsere eigene Wahl.»

Gesundheitsschädliche Stoffe

Käuferin und Verkäufer wissen um das Risiko der Hellmacher. Doch sie seien vorsichtig. Und bis jetzt hätten sie noch keine Nebenwirkungen gehabt. Die Nebenwirkungen landen bei Dr. Ihsan Jibril. Die Dermatologin kriegt in ihrem Alltag im National Hospital von Abuja einiges zu sehen. Bleichlotionen in Nigeria beinhalten oft äusserst gesundheitsschädliche Substanzen.

Dermatologin Ihsan Jibril
Legende: Anna Lemmenmeier/SRF

Mit gravierenden Folgen: «Quecksilber ist als besonders gefährlicher Stoff bekannt. Er kann zu Nierenversagen führen. Dann sind da aber auch die Steroide und Hydrochinon. Osteoporose, Hautkrebs und Leberschäden können die Folgen sein. Wir treffen diese Fälle dann auch nicht in der Klinik an, sondern auf dem Notfall», so Jibril.

Wir kennen die Langzeiteffekte der Bleichungsspritzen nicht.
Autor: Ihsan Jibril Dermatologin im National Hospital Abuja

Für die junge Ärztin ist vorallem stossend, dass diese Inhaltsstoffe in Nigeria zwar teilweise verboten sind, das Gesetz aber nicht durchgesetzt wird. Auch habe das Gesundheitsministerium noch nicht einmal eine Aufklärungskampagne geschaltet, obwohl das Bleichen und dessen Folgen derart verbreitet seien.

Bleichungsprodukte im Regal
Legende: Anna Lemmenmeier/SRF

Und selbst die nigerianische Dermatologenvereinigung sei gespalten, so Jibril. Einige Dermatologen bieten sogenannt «sicheres Bleichen» an: Unter Aufsicht spritzen sie Melanin-hemmende Substanzen. Aber das Problem ist, dass diese Substanzen neu sind. «Wir kennen die Langzeiteffekte nicht.»

In Nigeria ist der Glaube weit verbreitet, dass die Chancen nicht nur auf dem Partner-, sondern auch auf dem Jobmarkt steigen, je heller die Haut ist. Und solange das so bleibt, werden in Nigeria Frauen wie Männer, aus allen sozialen Schichten, weiterhin mit Cremchen, Pillen und Spritzen ihren Hautton selbst bestimmen – koste es, was es wolle.

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