Viel Pathos, Pomp und Prominenz gab es im Seebad Cartagena an der Karibikküste, als der kolumbianische Staatspräsident und der Chef der Farc-Guerilla das Friedensabkommen unterzeichneten.
Beide leisteten ihre Unterschriften mit Kugelschreibern, die aus verschossenen Patronenhülsen angefertigt wurden. Sie gelten als Symbol für die Zeitenwende in Kolumbien: Weg vom Krieg, hin zu einer friedlichen Zukunft. Den Feierlichkeiten wohnten UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bei und 16 lateinamerikanische Präsidenten.
Konflikt «für immer zu Ende»
Der Oberkommandierende der Farc-Guerilla, Rodrigo «Timochenko» Londoño, ergriff als erster das Wort. Seine Organisation lege die Waffen nieder, während sich der Staat dazu verpflichte, jegliche Gewalttätigkeit aus der Politik zu verbannen. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos machte im Namen der Regierung das Versprechen, der jahrzehntealte Konflikt sei für immer zu Ende.
Die Angehörigen der Farc-Guerilla konzentrieren sich jetzt in 27 ländlichen Zonen Kolumbiens und geben unter Aufsicht der Vereinten Nationen ihre Waffen ab. Guerilleros ohne Befehlsgewalt werden amnestiert und kehren mit finanzieller Hilfe des Staates in die Zivilgesellschaft zurück.
Die Farc verwandelt sich von einer Guerilla in eine politische Partei, wobei ihre Kommandanten die Verantwortung für Massaker und Kriegsverbrechen übernehmen müssen. Sie werden dafür aber mehr symbolisch als mit Haft bestraft.
Kritik von Opfern
Das Friedensabkommen löst in Kolumbien aber nicht nur Zuversicht aus. Menschenrechtsorganisationen, Opfer der Farc und die politische Rechte des Landes kritisieren, der Staat habe der Guerilla zu grosse Konzessionen gemacht.
Regierungsanhänger, die Intellektuellen und die demokratische Linke des Landes sehen im Friedensvertrag hingegen eine historische Chance für Kolumbien. Das Abkommen tritt erst in Kraft, wenn ihm das Volk am kommenden Sonntag in einem Referendum zustimmt.
Schweiz bei den Friedensverhandlungen
Auch die Schweiz war an der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen Farc-Rebellen und kolumbianischer Regierung dabei: EDA-Staatssekretär Yves Rossier wollte in Cartagena an der Zeremonie teilnehmen.
Die Schweiz war an den Friedensverhandlungen selbst beteiligt. Sie stellte in den letzten Jahren verschiedene Expertinnen und Experten als Unterstützung für die Konfliktparteien zur Verfügung.
Zudem ist die Schweiz mit drei Kooperationsprogrammen in den Bereichen humanitäre Hilfe, menschliche Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung in Kolumbien aktiv.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat den Delegationen der kolumbianischen Regierung und der Farc-Rebellen nun zum Abschluss der Friedensverhandlungen gratuliert, wie es in einer Mitteilung hiess. Das EDA hoffe, dass die Umsetzung des Abkommens zu einem nachhaltigen Frieden führe.
Friedensvertrag in der Schweiz aufbewahrt
Nach der Unterzeichnung wollen Regierung und Farc ein Originalexemplar des Friedensvertrages in der Schweiz aufbewahren. Damit wollen sie der Bedeutung des Dokuments als Spezialabkommen im Rahmen der Genfer Konventionen Rechnung tragen.
Der Bundesrat habe sich bereit erklärt, das Abkommen aufzubewahren, teilte das EDA mit. Allerdings übernehme die Schweiz damit keinerlei Verantwortung für die Umsetzung des Abkommens.
Friedensverhandlungen Kolumbiens – Eine Chronologie
19. November 2012 | Beginn zu Friedensverhandlungen in Havanna, Kuba. |
26. Mai 2013 | Die Parteien einigen sich über das erste von fünf Themen auf der Verhandlungsagenda: Die Landfrage. |
20. August 2013 | Die Farc räumen erstmals eine Teilverantwortung für die Opfer des bewaffneten Konflikts ein. |
6. November 2013 | Die Unterhändler erzielen eine Einigung im zweiten Verhandlungspunkt, der politischen Beteiligung der Rebellen. |
16. Mai 2014 | Die Verhandlungsparteien einigen sich über die Drogenfrage. |
22. Juni 2014 | Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos wird wiedergewählt. Er hatte vor allem mit dem Friedensprozess für sich geworben. |
16. November 2014 | Die Gespräche werden abgebrochen, weil die Farc einen General entführen. |
10. Dezember 2014 | Nach der Freilassung des Generals werden die Verhandlungen wieder aufgenommen. |
7. März 2015 | Die Regierung und die Farc einigen sich darauf, gemeinsam Landminen zu räumen. |
24. Mai 2015 | Die Farc starten eine militärische Offensive gegen die Streitkräfte und die Infrastruktur des Landes. |
4. Juni 2015 | Die Unterhändler einigen sich auf eine Wahrheitskommission, die nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags ihre Arbeit aufnehmen soll. |
20. Juli 2015 | Die Farc verkünden eine einseitige Waffenruhe. |
25. Juli 2015 | Die kolumbianische Regierung stellt die Luftangriffe auf die Farc ein. |
23. September 2015 | Präsident Santos und Farc-Kommandeur Rodrigo Londoño verkünden die Einigung im kritischen vierten Punkt, der juristischen Aufarbeitung des Bürgerkriegs. |
22. Juni 2016 | Die Unterhändler beider Seiten einigen sich auf eine beiderseitige Waffenruhe. |
24. August 2016 | Erfolgreicher Abschluss der Friedensgespräche. |
29. August 2016 | Der Waffenstillstand ist in Kraft. |
26. August 2016 | Präsident Juan Manuel Santos und FARC-Kommandant Rodrigo Londoño alias «Timochenko» unterzeichnen den Friedensvertrag. Die beiden unterschrieben das historische Abkommen mit einem aus einer Gewehrkugel gefertigten Kugelschreiber. |
2. Oktober 2016 | Die Volksabstimmung zum Abkommen scheitert mit 50.2 Prozent Nein, bei einer Stimmbeteiligung von 37,4 Prozent.. |