Im Spital Santa Maria in Lissabon auf der Intensivstation. Hier wurden schon mehr als 50 Patienten behandelt, der erste kam vor genau einem Monat, am 11. März. Gerade kämpfen wieder 21 Menschen um ihr Leben. Sie werden teils beatmet.
Man sieht, dass die Ärzte und Pfleger viel Arbeit haben, doch scheinbar haben sie alles, was sie dafür brauchen. Das bestätigt der Chef der Intensivstation, Dr. João Ribeiro: «Wir hatten am Anfang einen Engpass, der ist aber überwunden. Wir haben noch genug Spielraum. Jetzt bereiten wir uns auf eine mögliche zweite Welle vor.»
Portugal meldet bis heute fast 17'000 Corona-Fälle, 535 Menschen starben, 31 in den vergangenen 24 Stunden. Tendenz fallend.
Geografische Lage hat Einfluss
Wie gelang es Portugal, mit den Folgen des Virus besser umzugehen als der grosse Nachbar Spanien? Der Virologe Antonio Silva Graça hat dafür mehrere Erklärungen. Die wichtigste ist, dass sein Land mehr Zeit hatte, sich auf die Situation einzustellen. «Das Covid-19-Virus kam mit gut drei Wochen Verzögerung hier an – drei Wochen, die wir genutzt haben», sagt Graça.
Er gibt zu, dass die Spitäler vor einem Monat noch zu wenige Beatmungsgeräte und Schutzausrüstungen hatten. Doch die Behörden konnten dieses Defizit rechtzeitig lösen. Das sieht man unter anderem auf der Corona-Station. Noch einen Vorteil sieht der Arzt: «Portugal hat eine Randlage. Wir haben nur eine Grenze zu Spanien. Auf der anderen Seite ist der Ozean, von dort haben wir nichts zu befürchten.»
Portugiesen handeln vorbildlich
Es waren aber auch die Portugiesen selbst, die aktiv halfen, die Situation nicht eskalieren zu lassen. Noch bevor die Regierung den Notstand ausgerufen hatte, bevor Schulen geschlossen wurden, behielten viele Eltern ihre Kinder schon zu Hause, sie schlossen ihre Geschäfte. «Ich habe nicht lange überlegt, wir haben das einfach gemacht. Es ging uns um die Gemeinschaft und um unseren Schutz», sagt Luís Cunha, der mit seiner Frau Sandra Caduff einen Surfshop in Peniche betreibt.
Die Strände dort wären eigentlich voll, gerade jetzt zu Ostern. Die Wellen rollen gut rein, sie wären perfekt fürs Wellenreiten. Doch niemand ist auf dem Wasser, auf dem riesigen Strand sind vier Spaziergänger unterwegs. Der Notstand verbietet den Wassersport und das öffentliche Sonnenbad.
Zu Ostern durften die Bürger ihre Stadt nicht verlassen. Mehr als 35'000 Polizisten im ganzen Land kontrollierten die Ausgangssperre auf den Strassen und Autobahnzubringern. Sie hatten allerdings wenig Probleme. Fast alle angehaltenen Autofahrer hatten Genehmigungen, weil sie in systemrelevanten Berufen arbeiten.
Schulen bis Sommerferien geschlossen
Wie entschieden die Regierung von Antonio Costa in dieser Krise handelt, sieht man auch beim Thema Schule. Während in anderen Ländern noch gezögert wird, ist in Portugal klar, dass von der ersten bis zur zehnten Klasse in diesem Schuljahr kein Präsenzunterricht mehr stattfinden wird. Stattdessen wird es Schulfernsehen geben, um wirklich jeden Schüler zu erreichen.
Prognosen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigen, dass auch Portugal die Krise nicht unbeschadet überstehen wird. Doch während die Arbeitslosenquote in Spanien von 14.4 (2019) auf 18.8 Prozent steigen soll, ist der erwartete Anstieg von 6.6 auf 7.9 Prozent in Portugal geringer.
Beide Länder plagt jedoch die Perspektive für den Sommer. Die Gefahr nimmt zu, dass das Sommergeschäft durch die Corona-Folgen verloren geht. In Spanien und Portugal trägt der Tourismus etwa 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.