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Impeachment gegen Trump Washington extrem. Und jetzt?

Präsident Trump und das Weisse Haus versuchen die Ukraine-Affäre mit zwei Argumenten kleinzureden. Erstens, der Whistleblower wisse vieles nur vom Hörensagen, sei nicht direkt involviert gewesen. Ergo, sei er nicht glaubwürdig. In den letzten Tagen hat sich aber gezeigt: der Whistleblower hat das, was schon überprüft werden konnte, erstaunlich genau rapportiert. Und der zweite Whistleblower, dessen Beschwerde heute bekannt wurde, soll noch näher am Geschehen gewesen sein. Es ist somit zu erwarten, dass er den ersten Whistleblower bestätigen wird.

Alles wie immer? Oder alles anders? Wieder einmal stellen sich diese Fragen im Trumpschen Washington. Klar, es laufen Untersuchungen für eine Amtsenthebung. Und klar, die Fakten gegen Trump sind vielleicht belastender denn je. Das ist anders. Ebenfalls: Die Demokraten glauben, dass sie jetzt die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten drehen können. Und dass es Zeit ist, sich als eine Art letzte Bastion für die Verteidigung von Moral und Gesetz zu geben. Und letztlich: sie geben sich kämpferischer als auch schon. Wenn Trump bei der Herausgabe von Dokumenten nicht kooperiere, sei das Behinderung des Kongresses und werde Teil des Amtsenthebungsverfahrens.

Vieles ist aber auch gleich wie immer. Der Aufschrei über das, was Trump wieder einmal gesagt hat. Und die Spekulationen darüber, was sonst noch alles sein könnte. Das ist wie immer, einfach ein bisschen extremer. Zum Beispiel, wenn sich der Präsident verteidigt, wie ein «angeschossener Löwe». So wie gestern, als er vor laufenden TV-Kameras China aufforderte, gegen die Bidens zu ermitteln. Und damit bestätigt, was seit dem Telefonanruf mit dem ukrainischen Präsidenten klar ist: dass er es gutheisst, gar explizit wünscht, dass eine fremde Regierung gegen einen politischen Rivalen ermittelt.

Und dann, wie immer, der Versuch beider Parteien, ihre Botschaft ins Medienuniversum und ihre Echokammern zu senden. Laut und emotional ist der Kampf um Wahrnehmung der eigenen Botschaft, «perception is politics». Wie Politik wahrgenommen wird, ist wichtiger, als worum es genau geht. Denn wenn es wieder neue Fakten gibt, sind die Wahrnehmungen längst gemacht. Oder es wird für die Menschen immer schwieriger, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden.

Die Trump-Kampagne hat in den letzten Tagen sehr viel Geld ausgegeben, um ihre Botschaft auf Social Media und in TV-Werbungen zu transportieren. Sie ergänzen die mehreren hundert Trump-Tweets.

Demokraten unter Zugzwang

Bis jetzt zeigt sich, dass die beiden Parteien damit vor allem in den eigenen Reihen erfolgreich waren. Und der Präsident relativ wenig Schaden genommen hat. «Wenn nicht noch grösseres Fehlverhalten des Präsidenten bekannt wird, wäre ich sehr überrascht, wenn sich die Republikaner gegen ihren Präsidenten stellen würden», sagt der Politologe Henry Olsen, selbst ein Republikaner, der für eine konservative Denkfabrik in Washington arbeitet. Die republikanischen Wähler glaubten, das alles sei nur politisch motiviert, um die Wahlen 2016 rückgängig zu machen. Die meisten republikanischen Parlamentarier würden sich nie von einem Präsidenten distanzieren, der in der Partei 80 Prozent Zustimmung geniesse.

Für viele Demokraten hingegen liegt mehr als genug vor, um Trump des Amtes zu entheben. Trotzdem wissen sie, dass sie mehr Belastendes liefern müssen, um ihn ernsthaft zu gefährden. Und so interviewen sie fast täglich Zeugen, die ihnen mehr Hintergründe und Fakten liefern sollen. Zum Beispiel, ob das Weisse Haus, wie der Whistleblower das schildert, tatsächlich Gesprächsprotokolle des Präsidenten auf einem geheimen Server versteckt hat. Und ob es Beweise gibt, dass der Präsident Hilfsgelder für die Ukraine als Druckmittel zurückhielt, um die Ukrainer zu einer Untersuchung gegen die Bidens zu zwingen. Im Gegenzug ist aber auch zu erwarten, dass die Demokraten sich kritisch mit der Rolle von Joe Biden und dessen Sohn Hunter auseinandersetzen.

Washington extrem. Bis jetzt zeigt sich: Die Untersuchungen in Richtung Amtsenthebung einen die Parteien und spalten das Land.

Peter Düggeli

USA-Korrespondent, SRF

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SRF-Korrespondent Peter Düggeli arbeitet seit Sommer 2015 in Washington. Er ist seit 2010 bei SRF. Düggeli studierte an der Universität Freiburg Geschichte und Englisch und schloss sein Studium 1999 mit einem Lizenziat ab.

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