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Impfdiplomatie Indien verschenkt Covid-19-Impfstoff an Nachbarländer

Indien liefert auch Gratis-Impfdosen des eigenen «Covaxin» in die Nachbarländer. Der Impfstoff ist jedoch umstritten.

Indien hat begonnen, im Land produzierte Corona-Impfstoffe ins Ausland zu verkaufen. Am Freitag trafen erste Lieferungen des britisch-schwedischen Impfstoffs Astrazeneca aus Indien in Brasilien und Marokko ein. Neben dem Verkauf des Corona-Impfstoffs gibt Indien aber auch Hunderttausende Dosen kostenlos an Länder in der Region ab.

Die «Apotheke der Welt»

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Indien wird oft als die «Apotheke der Welt» bezeichnet, da im zweitbevölkerungsreichsten Land nach eigenen Angaben rund die Hälfte aller Impfstoffe weltweit hergestellt wird. Viele davon gehen für relativ wenig Geld an ärmere Länder. Für diese Staaten werden die Produkte aus Indien auch jetzt während der Corona-Pandemie von grosser Bedeutung sein.

Zunächst werden die Nachbarländer Bhutan, Malediven, Bangladesch, Nepal und Myanmar sowie die Seychellen gratis mit Impfstoffen beliefert. In den Empfängerländern wolle Indien auch das Impfpersonal schulen, hiess es in einer Mitteilung des Aussenministeriums. Neben dem im Land produzierten Impfstoff von Astrazeneca ist in Indien ein zweiter, eigens entwickelter Impfstoff mit dem Namen «Covaxin» zugelassen.

Wandzeichnung von Narendra Modi und dem Text "Das weltweit grösste Covid-19-Impfprogramm"
Legende: Indien hat kürzlich mit seiner Impfaktion begonnen, die laut Premierminister Narendra Modi die grösste der Welt ist. Bis zum Sommer sollen rund 300 Millionen Menschen geimpft werden. Das entspricht weniger als einem Viertel der 1.3 Milliarden Einwohner im Land. Reuters

Covaxin wurde von der einheimischen Firma Bharat Biotech mit Unterstützung der Regierung entwickelt. Diese hatte ihm Anfang Jahr eine Zulassung erteilt, obwohl er sich noch in Phase 3 der klinischen Studien befindet und noch keine Daten zur Wirksamkeit vorliegen. Auch, was die Nebenwirkungen angeht, sei noch vieles unklar, sagt SRF-Korrespondent Thomas Gutersohn in Mumbai.

Abnehmende Impffreudigkeit in Indien

Indien hat am 16. Januar mit seiner breit angelegten Impfkampagne gestartet. Zunächst werden Mitarbeitende des Gesundheitswesens und Risikogruppen gegen Covid-19 geimpft. Dabei wurde von Nebenwirkungen berichtet.

«Diese waren meist nicht allzu gravierend und vorübergehend – Kopfschmerzen, Fieber –, aber sie haben den Hersteller von Covaxin dazu bewogen, die Menschen mit Vorerkrankungen aufzufordern, sich vorerst nicht impfen zu lassen», so Gutersohn. Dies habe dazu geführt, dass die Impffreudigkeit im Land nachgelassen hat. «Viele Leute sind verunsichert.»

Arbeiter entladen in Dhaka einen Kleintransporter mit COVID-19-Impfstoffen
Legende: Dhaka, Bangladesch: Zwei Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs aus Indien trafen am 21. Januar im Nachbarland ein. Reuters

Verglichen mit der Bevölkerungsanzahl sind die gelieferten Impfdosen aus Indien klein, zumal die Impfung zweimal verabreicht werden muss: Bangladesch mit über 161 Millionen Einwohnern erhielt vergangene Woche zwei Millionen Impfungen, Bhutan (750'000 Einwohner) bekommt 150'000 Dosen, die Malediven (515'000 Einwohner) 100'000. «Indien hat versprochen, weitere Impfungen zu liefern – allerdings dann nicht mehr gratis», so Gutersohn.

Gratis-Impfstoffe als Einflussmittel

Für die Länder bleibe für den Moment nicht viel mehr übrig, als dankbar zu sein für den Gratis-Impfstoff. «Während andere Länder erst einmal für sich schauen, gibt Indien Impfstoffe frei – dies natürlich nicht ganz uneigennützig», sagt der Korrespondent. «Indien versucht damit, seinen Einfluss in der Region geltend zu machen, auch gegenüber China.» Die Nachbarstaaten leben seit der Kolonialzeit in einem konfliktreichen Verhältnis.

Auch Peking verteilt aus politischen Interessen Covid-19-Impfstoffe zu geringen Preisen an ärmere Länder. Mit Infrastrukturprojekten gewinne China zunehmend an Einfluss in der Region. «Neu-Delhi betrachtet Nepal, Bhutan und Bangladesch als seinen Hinterhof. Mit der Impfkampagne versucht es nun, Gegengewicht zu geben und die Abhängigkeit dieser Länder gegenüber Indien zu stärken», so Gutersohn.

Hier finden Sie Hilfe in der Coronazeit

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Corona beschäftigt uns alle. Unten finden Sie eine Liste mit Hotlines und Ratgebern rund um Corona.

BAG Infoline Coronavirus : 058 463 00 00 (täglich 6 bis 23 Uhr)

BAG Infoline Corona-Impfung : 058 377 88 92 (täglich 6 bis 23 Uhr)

Dureschnufe : Plattform für psychische Gesundheit rund um das neue Coronavirus

Angst und Panikhilfe Schweiz , Hotline: 0848 801 109 (10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr)

Eltern-Notruf Schweiz , Hotline: 0848 35 45 55 (24x7)

Pro Juventute , Hotline für Kinder- und Jugendliche: 147 (24x7)

Schweizer Sorgen-Telefon : 143 (24x7)

Suchthilfe Schweiz : Hotline für Jugendliche im Lockdown 0800 104 104 (Di. bis Do. 9 bis 12 Uhr)

Branchenhilfe.ch : Ratgeberportal für Corona betroffene Wirtschaftszweige

SRF 4 News, 25.1.2021, 6:15 Uhr ; 

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