Panzer fahren, Artilleriekanonen abfeuern, Kampfflugzeuge steuern. All das dürfen künftig in den US-Streitkräften auch Frauen. Sogar die Tür zu Elitetruppen wie den Navy Seals oder den Army Rangers steht ihnen jetzt offen.
«Mauerblümchendasein» ist vorbei
Armeen sind eine der letzten Domänen, in denen Frauen-Power Einzug hält. Noch vor wenigen Jahren fristeten Soldatinnen ein «Mauerblümchendasein» – wie sie das in der Schweizer Armee heute noch tun. Frauen gab es fast nur bei den rückwärtigen Diensten, bei der Übermittlung, im Nachrichtendienst, bei der Sanität oder in der Logistik. An der Front fand man sie nicht. Entsprechend hatten weibliche Armeeangehörige kaum Chancen, in die höchsten Ränge aufzusteigen. Es fehlte ihnen die Erfahrung in Kampfeinheiten.
All das ändert sich nun. Das Truppenbild mit Damen wird, zumindest in den westlichen Armeen, häufiger. Vorreiter war Israel, das die Wehrpflicht für Frauen seit 1949 kennt. In Norwegen wurde sie 2015 eingeführt. In der deutschen Bundeswehr beträgt der Frauenanteil zurzeit zehn Prozent und soll zügig auf 15 Prozent steigen. Genauso in Grossbritannien. In Frankreichs Streitkräften dienen bereits 20 Prozent Frauen. Ausser auf U-Booten und in der Fremdenlegion. In den USA sind es rund 15 Prozent. Mit der neuen Regelung von Pentagon-Chef Ashton Carter öffnen sich auf einen Schlag 220‘000 Armeeposten neu auch für Frauen.
Immer noch viele Übergriffe
Also alles bestens? Mitnichten! Noch immer gibt es Generäle, die ohne Beweise behaupten, Armee-Einsätze seien ineffizient, wenn Frauen dabei sind. Zudem gibt es in den Vereinigten Staaten, in Frankreich und anderswo immer wieder Fälle von Übergriffen gegen Frauen. Tausende sind es allein in den USA. Sie reichen von anzüglichen Witzen bis zu Vergewaltigungen. Lange herrschte eine «Omertà», das zu thematisieren.
Erst langsam wird die Präsenz von Frauen Normalität. Es wachsen Strukturen und Kulturen, die dafür sorgen sollen, dass Soldatinnen korrekt behandelt werden. Etwa mit der Funktion einer Frauenbeauftragten, die die Nato geschaffen hat.
Know-how statt Muskelkraft
In den Verteidigungsministerien hat man gemerkt: Es geht gar nicht mehr ohne Frauen. Im Vordergrund steht nicht die Gleichberechtigung. Es geht schlicht um militärische Überlegungen: Erstens bringen Frauen oft andere Sichtweisen ein; zweitens kommt es wegen der Technisierung von Kriegen bei immer weniger militärischen Funktionen auf reine Muskelkraft an. Know-how wird wichtiger. Drittens schliesslich, und das ist der wichtigste Grund: Westliche Armeen haben Mühe, ihre Reihen mit qualifiziertem Nachwuchs aufzufüllen. Da wäre es dumm, auf die Hälfte des Rekrutierungsreservoirs von vornherein zu verzichten.