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Italiens EU-Kritiker scheitern Balsam für Brüssels Nerven

Italiens Populisten scheitern am Veto des Präsidenten. Doch am Horizont ziehen dunkle Wolken über der Euro-Zone auf.

«Die Unsicherheit um unsere Position im Euro-Raum hat italienische und ausländische Investoren verunsichert», sagte Sergio Mattarella am Sonntag. Die Verunsicherung hatte, glaubt man dem italienischen Präsidenten, einen Namen: Paolo Savona. Er sollte in der künftigen Regierung als Finanz- und Wirtschaftsminister fungieren.

In der Vergangenheit hatte der 81-Jährige den Euro als «deutschen Käfig» bezeichnet. In seiner Autobiographie «Wie ein Albtraum, wie ein Traum» beschreibt Savona die Währungsunion als Mittel der Kolonisation. Der einzige, wenn auch schmerzhafte Ausweg: der Austritt Italiens aus dem Euro.

Erleichterung in Brüssel – für den Moment

Keine Frage: Wirtschaftsminister Savona hätte für Feuer unter dem Dach des Euro gesorgt, und das hochverschuldete Italien womöglich in ein finanzpolitisches Experiment geführt. Grund genug für Italiens Präsidenten, sein Veto gegen den Ökonomen einzulegen.

Paolo Savona, Wirtschaftswissenschaftler
Legende: Mattarellas Nein zu Savona bedeutete gleichzeitig das Scheitern der Regierungskoalition aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung. Das Aufatmen in Brüssel war bis an den Tiber zu hören. Reuters/Archiv

Doch nicht nur Savona bereitete Brüssel Kopfzerbrechen: So hatten die Sterne und die Lega einen Regierungsvertrag unterzeichnet, der Mehrausgaben und mehr Schulden vorsah. Nun soll der parteilose Finanzexperte Carlo Cottarelli eine Technokraten-Regierung bilden. Und damit die nervösen Finanzmärkte, und nicht zuletzt auch die Gemüter in Brüssel, wieder beruhigen.

Oliver Washington

Bundeshausredaktor

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Oliver Washington ist seit 2003 bei SRF. Ab 2007 war er Mitglied der Inland-Redaktion, von 2014 bis 2019 berichtete er als EU-Korrespondent aus Brüssel. Nun ist er in der Bundeshausredaktion von SRF tätig. Washington hat Soziologie, Geografie und Wirtschaftsgeschichte studiert.

Zumindest letzteres ist auch gelungen, berichtet SRF-Korrespondent Oliver Washington: «Man ist ohne Frage zufrieden über Mattarellas Entscheid.» Allerdings halte man sich mit öffentlichen Verlautbarungen zurück. Es sei derzeit «nichts bis gar nichts zu vernehmen», so Washington. Aus gutem Grund: «Die EU-Kommission etwa weiss, dass Äusserungen ihrerseits vielen in Italien gar nicht gefallen.»

Matteo Salvini)
Legende: Investieren statt Sparen: Seit Wochen verursachten die Koalitionspläne Unruhe in Brüssel, Berlin und an den Finanzmärkten (im Bild: Lega-Chef Matteo Salvini). Reuters

Geäussert haben sich dagegen die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident. Angela Merkel sagte, sie werde mit jeder italienischen Regierung zusammenarbeiten. Gleichzeitig betonte sie, dass Deutschland innerhalb des Euro-Raums «Prinzipien» habe. «Damit erinnerte sie Italien daran, dass es seine Budgetverpflichtungen einhalten müsse», so SRF-Korrespondent Washington.

Emmanuel Macron würdigte derweil, dass Mattarella seine Aufgabe, die institutionelle und demokratische Stabilität Italiens zu gewährleisten, «mit Mut und Verantwortung» wahrgenommen habe. «Macron wendet sich damit gegen die Populisten», so Washington.

Es ist nur der letzte Schlag der starken Mächte, die ein versklavtes, verängstigtes und armes Italien wollen.
Autor: Matteo Salvini Chef der Lega

Die Reaktionen aus Berlin und Paris zeigen: Die Angst vor der nächsten grossen Euro-Krise, befeuert durch die drittgrösste Volkswirtschaft in der Währungsunion, ist gross. Und das Damoklesschwert schwebt weiter über der Euro-Zone: Denn die Lega und das Movimento könnten nach Neuwahlen doch noch an die Macht kommen und ihr Programm durchziehen.

Martialische Töne vom Lega-Chef

SRF-Korrespondent Washington umreisst das Worst-Case-Szenario, das in Brüssel herumgeistert: «Eine Schuldenwirtschaft in Italien, nervöse Finanzmärkte, steigende Zinsen, der italienische Staat bekäme finanzielle Probleme und seine Kreditfähigkeit wäre infrage gestellt, was wiederum zu einer Bankenkrise führen würde.» In der EU grassiere die Angst, dass die heutigen Instrumente nicht ausreichten, um ein derart serbelndes Italien auffangen zu können, schliesst Washington.

In Italien haben die Populisten bereits in den Wahlkampfmodus gewechselt: «Es ist nur der letzte Schlag der starken Mächte, die ein versklavtes, verängstigtes und armes Italien wollen», tönte Lega-Chef Matteo Salvini nach Mattarellas Veto. «Die nächsten Wahlen werden eine Volksabstimmung sein: Volk und echtes Leben gegen die alte Kaste.» Das Säbelrasseln der Populisten lässt erahnen, dass Italien so schnell nicht zur Ruhe kommen wird.

Italien vor der Zerreissprobe

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SRF-Italien-Korrespondent Franco Battel erlebt derzeit eine geteilte Nation. Die einen würden Staatspräsident Mattarella die Schuld am politischen Scherbenhaufen geben. Die anderen würden lautstark die Chefs der Populisten kritisieren, das Vertrauen in die italienische Wirtschaft untergraben und den Staatspräsidenten diffamiert zu haben.

Italien steuert nun auf Neuwahlen zu. Die Rechtsparteien, angeführt von Matteo Salvinis und Silvio Berlusconis Forza Italia, peilen nun den ganz grossen Coup an: «Bei der Wahl am 4. März holten sie 38 Prozent der Stimmen und damit beinahe eine Sitzmehrheit», so Battel. Jetzt spekuliere vor allem die Lega darauf, der Fünf-Sterne-Bewegung Stimmen abspenstig zu machen, um eine Mehrheit zu bekommen.

An ein Wiederauferstehen der Linken glaubt Battel derzeit nicht: «Auch, weil der Partito Democratico kopflos ist und nach dem Rücktritt von Matteo Renzi immer noch keinen neuen Chef hat.» Das Führungsvakuum lähme die Partei, so Battel.

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