Gewalttätiger Extremismus gilt als eines der grossen Probleme unserer Zeit, die Bekämpfung ist eine drängende und ebenso schwierige Aufgabe, wie Extremismusforscher Paul Turner ausführt.
Armee, Geheimdienste und Polizei – all das braucht es, um Terroristen und Extremisten in Schach zu halten. Doch Sicherheitskräfte alleine können das Problem nicht lösen, meint der Extremismusforscher Paul Turner. Auch die Zivilgesellschaft müsse Verantwortung übernehmen. Lehrer, Geistliche und Jugendarbeiter sollten frühzeitig erkennen, wenn Jugendliche in extremistische Kreise abzudriften drohen.
Dafür müssten sie aber sensibilisiert werden. Im Auftrag von «Creative Associates International», einer amerikanischen Nichtregierungsorganisation (NGO), organisiert der Extremismusforscher entsprechende Ausbildungsprojekte.
Mütter als der Schlüssel
Eines davon richtet sich gezielt an Mütter. Sie stehen ihren Kindern meist am nächsten, allerdings haben Frauen in vielen Ländern kaum Einflussmöglichkeiten. Darum seien einfach zugängliche Hilfsangebote besonders wichtig.
Doch bevor die Probleme überhaupt angegangen werden können, müssen sie erkannt werden – und das möglichst frühzeitig. In sogenannten «Mother Schools» sollen Mütter lernen, möglicherweise gefährliche Veränderungen im Leben ihrer Kinder zu bemerken.
«Es können einfach Dinge sein wie neue Kleidervorlieben der Kinder», meint Turner. Wenn ein Jugendlicher, der bis anhin immer Jeans und T-Shirt trug, plötzlich traditionelle islamische Gewänder bevorzugt oder wenn Konzerte von rechtsradikalen Bands besucht werden. Solche Anzeichen sind vielleicht harmlos und vorübergehend. Es können aber auch Anzeichen für ernsthaftere Probleme sein, die besprochen werden müssen, sagt der Experte.
Hauptursachen für die mögliche Radikalisierung sind erstens die eigene Gewalterfahrung durch den Staat und zweitens das Gefühl, in der Gesellschaft isoliert zu sein.
Bekämpfung der Hauptursachen
Schwieriger wird es, wenn es darum geht, die Hauptursachen zu bekämpfen, die Menschen zu Extremisten machen. Paul Turner nennt zwei davon: Erstens eigene Gewalterfahrung durch den Staat und zweitens das Gefühl, in der Gesellschaft isoliert zu sein.
Traumata durch staatliche Gewalt treffen vor allem Menschen in Kriegsgebieten und in Ländern mit repressiven Regierungen. Die tatsächliche oder auch nur die empfundene Isolation kommt hingegen überall vor.
Eine gesunde Gemeinschaft, die alle integriert und allen Perspektiven bietet, ist die beste Vorbeugung gegen Radikalisierung.
Ein hehres Ziel
Für Paul Turner steht fest: Mit gesunden Gemeinschaften, die alle integrieren und allen Perspektiven bieten, könnte einer Radikalisierung am besten vorgebeugt werden. Er ist sich aber auch bewusst, dass dies ein hehres Ziel ist, das wohl nie ganz erreicht werden kann. Aber je näher eine Gesellschaft diesem Ziel komme, desto besser für alle.