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Kampf um Transparenz Blutdiamanten? Für Kunden schwierig festzustellen

Seit den Skandalen um sogenannte Blut-Diamanten, mit denen Bürgerkriege in Sierra Leone, Angola oder dem Kongo finanziert wurden, bemühte sich die Diamant-Branche um mehr Transparenz. Doch nun wird das alles aufs Spiel gesetzt. Das sagt zumindest einer der ganz grossen Player in der Branche.

Martin Rapaport hat es vom kleinen Steinespalter und Rohdiamantensortierer bis ganz nach oben geschafft. Heute ist kein Mensch in der Diamantbranche so mächtig wie er: Rapaport gibt den führenden Branchenreport heraus und betreibt die grösste elektronische Handelsplattform für die Edelsteine. Nebenbei kämpft er seit langem für mehr Transparenz in der Branche. Mit seiner Kritik am Diamanten-Giganten De Beers hat er nun die ganze Branche in Aufruhr versetzt.

Händler sollen Quelle nicht mehr offenlegen dürfen

De Beers steht für 42 Prozent des globalen Diamant-Produktion, wettert Martin Rapaport. Und jetzt will De Beers seinen Kunden vorschreiben, dass sie nicht mehr offenlegen dürfen, aus welchen Quellen die Rohdiamanten kommen. Das sei total inakzeptabel, schimpft der Amerikaner. Das zerstöre die Transparenz in der Diamanten-Industrie. Zur Bekräftigung haut er auf den Tisch.

«Schauen Sie», sagt er. «Es geht hier darum, ob die globale Diamantenindustrie auch künftig in der Lage ist, ihre Konsumenten mit Diamanten einwandfreier Herkunft zu versorgen.»

Das sei sowieso schwierig, weil schon heute Steine mit Herkunftsnachweis mit anderen mit undeutlicher Herkunft vermischt würden, mit Steinen aus Simbabwe oder dem Kongo, wo gerade Krieg herrsche. Und jetzt mache De Beers die Transparenz komplett kaputt, kritisiert Rapaport. Der Konzern weist die Vorwürfe auf Anfrage zurück.

Preisaufschlag für Zusatzinformation

Die Kritik von Martin Rapaport sei berechtigt, sagt der Schweizer Diamant-Händler Walter Muff. Es sei ein Rückschritt im Bemühen die Herkunft von Diamanten möglichst offen zu deklarieren. De Beers unterbreche mit diesem Schritt die Informationskette. Unabhängige Diamant-Schleifer, die die Rohsteine bearbeiten, dürften nun nicht mehr deklarieren, woher der Diamant stammt.

Mit der Folge, dass Endkonsumenten erst recht nicht mehr zurückverfolgen können, ob ihr Stein eine blutige Geschichte hat. Es sei denn, sie kauften ihren Schmuck in den hauseigenen Juweliergeschäften des Minenkonzerns De Beers – der für diese Zusatzinformation sogar einen Preisaufschlag verlangen könnte. Konkurrenten wie Martin Rapaport dürfte das wenig erfreuen – und vermutlich steckt vor allem der Ärger über den Wettbewerbsnachteil hinter seiner harschen Kritik.

«Es ist einfach ein Zeichen in eine falsche Richtung, in einem dummen Moment.»
Autor: Walter Muff Diamanthändler

«Es ist einfach ein Zeichen in eine falsche Richtung, in einem dummen Moment», sagt Walter Muff. Ob die gesamte Transparenz in der Diamantbranche durch den Einzelvorstoss von De Beers zerstört wird, das bezweifeln Branchenbeobachter. Denn die seit langem erhoffte Transparenz gebe es für die Masse der Diamanten sowieso nicht, sagt Diamanthändler Walter Muff.

Geschäft bereits heute intransparent

«Der Käufer in der Schweiz bekommt im Normalfall sowieso keine präzise Herkunft. Bei der ganz überwiegenden Masse ist das aus praktischen Gründen unmöglich.» Fast alle Rohdiamanten würden heute in Indien geschliffen. Abgesehen von den ganz teuren, grossen Steinen, kämen sie dann nach Qualität und Grösse sortiert in Beuteln zurück. Nicht einmal Experten könnten dann noch unterscheiden, ob sie aus einem Konfliktland stammen oder nicht.

Die Transparenz im Diamanthandel muss sich also noch ganz anderen Herausforderungen stellen als der Marketing-Finte von De Beers.

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