Es war eine der Nachrichten der letzten Woche: Der deutsche Bundeshaushalt soll 2016 erstmals seit 45 Jahren ohne neue Schulden auskommen.
«Der ausgeglichene Haushalt einer so grossen Wirtschaftsnation wie Deutschland hat auf die EU- und Nachbarstaaten ganz sicher eine Signalwirkung», sagt Henning Vöpel. Für den Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) zeige der deutsche Weg exemplarisch, dass Schuldenmachen nicht der richtige Weg sei und Reformen sich auf lange Sicht auszahlten.
«Für künftige Generationen wird es teurer»
Doch es mehren sich Stimmen – vor allem aus dem Ausland – die fordern, dass Deutschland doch bitte das strikte Sparen künftig unterlassen möge. Rein wissenschaftlich betrachtet gebe es auch dafür gute Gründe, so Vöpel. Denn in Zeiten wie den jetzigen, in denen der Aufschwung sich abschwächt, sollte der Staat eigentlich antizyklisch eingreifen.
Deutschland könnte mit Hilfe öffentlicher Investitionen so fit für die Zukunft gemacht werden. «Egal ob Sanierung der Verkehrsinfrastruktur, Investitionen in Bildung oder Ausbau der digitalen Infrastruktur», so Vöpel, «vor dem Hintergrund der aktuell niedrigen Zinsen sollte man das eigentlich jetzt in Angriff nehmen.»
Das man dafür neue Schulden machen muss, ist für den Ökonomen kein Problem. Wäge man das Ganze Für und Wider ab, dann sei klar: «Tätigt man die Investitionen nicht jetzt, werden sie nur auf künftige Generationen abgewälzt und auf jeden Fall teurer.»
«Nur der Staat kann Volkswirtschaft retten»
Sparen oder Verschulden, für den Hamburger Ökonomen stellt sich die Frage so nicht. «Aus meiner Sicht macht eine Schwarze Null im Staatsetat Sinn. Allerdings handelt es sich im Falle Deutschlands um eine reine Symbolpolitik.» Ob man einige wenige Milliarden im Plus oder Minus sei, spiele bei einer Volkswirtschaft dieser Grössenordnung keine entscheidende Rolle.
So absurd es für den Einzelnen klingen mag, aber man spare nicht zwingend durch Ausgabenkürzungen, so Vöpel. Im Gegenteil, «auf lange Sicht kann durch die Steigerung der Ausgaben ein grösserer Einsparungseffekt erzielt werden» – nämlich dann, wenn dadurch das zukünftige Steueraufkommen erhöht werde.
Das in Diskussionen oft gebrachte Argument, der Staat solle sich bei seiner Ausgabenpolitik an Privathaushalten orientieren und nur so viel ausgeben, wie er eingenommen hat, ist aus seiner Sicht falsch. «Ein einzelner Haushalt kann nicht die Volkswirtschaft retten, ein einzelner Staat hingegen schon.» Denn durch fiskal- und steuerpolitische Mittel ist er in der Lage, auf die Wirtschaft Einfluss zu nehmen.
(Sendebezug: SRF4 News, 14.11., 10 Uhr)
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