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Keine Konferenz wegen Corona Grosse Worte beim Klimaschutz – folgen auch Taten?

Trotz Absage der Klimakonferenz von Glasgow ist der Klimaschutz auf gutem Weg – aber es bleibt noch sehr viel zu tun.

Es herrscht kein Stillstand beim Klimaschutz, im Gegenteil: In den letzten Wochen ist fürs Klima Erfreuliches passiert. Die EU will bis 2030 deutlich mehr CO2 reduzieren, als sie bisher angeboten hatte. Und bis ins Jahr 2050 will sie unter dem Strich gar keine Treibhausgase mehr ausstossen, also sogenannt treibhausgasneutral werden.

In der Folge hat sich China ebenfalls zur Treibhausgas-Neutralität bekannt, allerdings bis 2060. Und darauf sind Japan und Südkorea gefolgt.

Wichtige Konferenz abgesagt

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Eigentlich würde diese und nächste Woche in Glasgow die diesjährige UNO-Klimakonferenz stattfinden. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde sie abgesagt. Es wäre die wichtigste Ausgabe seit 2015 geworden, als das historische Pariser Abkommen abgeschlossen wurde. Denn in Glasgow hätten alle Länder verbesserte, konkrete Pläne zur Reduktion ihrer CO2-Bilanz vorlegen müssen.

Es gebe eine ganze Welle von Treibhausgas-Neutralitätsbekundungen, sagt Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln. «Das ist ein sehr guter Schritt.»

Biden will die USA wieder einbinden

Auch der neugewählte US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, dass sich die USA ebenfalls zur Klimaneutralität bis 2050 bekennen würden. Und das werde so weitergehen, hofft Höhne.

Was werden die USA konkret tun?

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Legende: Reuters

Wie schnell die USA nach Donald Trump den Klimaschutz verstärken werden, ist unklar. Einiges hängt davon ab, ob die Demokraten doch noch eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses erzielen. Gelingt dies nicht, müsste der neue Präsident Joe Biden die CO2-Reduktionen per Dekret verfügen und auf progressive Bundesstaaten wie Kalifornien bauen, das beispielsweise ab 2035 neue Autos mit Verbrennungsmotor verbieten will.

Inzwischen hätten sich derart viele Länder der Klimaneutralität verpflichtet, dass die anderen Länder kaum mehr darum herumkämen, das ebenfalls zu tun – «wenn sie noch mit diesen Ländern in Wirtschaftsbeziehungen stehen wollen», so Höhne.

Denn Klimavorreiter wie die EU überlegen, ob Importe aus Ländern mit weniger Klimaschutz künftig mit Zöllen belastet werden.

Auch die Schweiz muss noch mehr tun

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Legende: Keystone

Die Schweiz hat als offizielles Ziel ebenfalls Klimaneutralität bis 2050 formuliert. Doch auch hierzulande klemmt es bei der CO2-Reduktion im Hier und Jetzt. Selbst mit dem neuen CO2-Gesetz – wenn es denn überhaupt das wahrscheinliche Referendum übersteht – wäre man «erst sehr viel später als 2050 auf netto Null», sagt Patrik Hofstetter vom WWF. Es brauche zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 weit strengere Vorgaben, als das vorliegende CO2-Gesetz vorsieht.

Auch Klimaexperte Patrik Hofstetter von der Umweltorganisation WWF schätzt die Entwicklung positiv ein: «Das zeigt, dass die Idee von Paris – dass sich die Länder gegenseitig motivieren und unter Druck setzen – durchaus funktionieren kann.» Allerdings sei es für eine Regierung relativ einfach, heute etwas zu versprechen, das erst in 30 Jahren eingelöst werden müsse.

Jetzt sind konkrete Pläne gefordert

Um wirklich etwas fürs Klima zu tun, müssten die jetzigen Regierungen konkrete Pläne vorlegen, wie sie in den nächsten Jahren die Treibhausgase reduzieren werden.

Kohlemeiler und Stoppschild.
Legende: In Deutschland sind noch zahlreiche Kohlekraftwerke am Netz – das Ende der Kohleverstromung ist (Stand heute) für spätestens 2038 vorgesehen. Reuters

Das könnte die Ausserbetriebnahme von Kohlekraftwerken oder die Förderung von Elektroautos sein. In der Tat verlangt das Pariser Abkommen solche Pläne, die bis 2030 gelten – von allen Ländern. Doch da bleibe noch viel zu tun sagt Höhne vom New Climate Institute.

EU, China und USA müssen vorangehen

Obwohl also alle Länder bei der konkreten CO2-Reduktion stark zulegen müssen, zählen Hofstetter und Höhne darauf, dass nun wie 2015 vor der Pariser Klimakonferenz die drei grossen EU, China und USA zusammen die Strippen ziehen werden, um für weitere Fortschritte beim Klimaschutz zu sorgen. «Wenn sie sich auf eine Richtung einigen, bleibt den anderen Ländern gar nichts anderes übrig, als mitzuziehen», ist Höhne überzeugt.

Die Aussichten sind also besser als noch vor ein paar Monaten. Aber für Klimaprognosen gilt dasselbe wie für Wettervorhersagen: Im Schnitt stimmen sie recht gut, aber sie liegen auch immer mal wieder daneben.

SRF 4 News, 14.11.2020, Echo der Zeit, 18.00 Uhr

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