Seit 15 Tagen ist ein grosser Teil der US-Verwaltung heruntergefahren. Das Geld für alle Amtsgeschäfte ist nicht mehr ausreichend bewilligt. Die Demokraten und die Republikaner mit Präsident Donald Trump haben sich bis jetzt nicht einigen können, wie sie wieder zur Tagesordnung zurückkehren wollen.
SRF News: Übers Wochenende hält sich Präsident Trump aus den Verhandlungen raus. Er schickt ein Team mit Vizepräsident Pence vor. Steigen damit die Chancen für ein Ende des Verwaltungsstillstands?
Matthias Kündig: Nicht wirklich. Mike Pence gilt zwar als umgänglicher und viel weniger impulsiv als der US-Präsident, aber am Schluss hängt doch alles von der Zustimmung Donald Trumps ab. Dieser hat ja bereits früher Kompromisslösungen seines Teams torpediert. Trump scheint wenig Spielraum zu haben. Denn ein Nachgeben in der Frage des Mauerbaus bringt ihn in Konflikt mit dem harten Kern seiner Wählerbasis. Er ist gefangen im eigenen Wahlversprechen.
Grund für das Problem ist die geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko, für die Trump fünf Milliarden Dollar von den US-Steuerzahlern will. Gibt es irgendwelche Kompromisse, für die Trump diese Forderung fallen liesse?
Trump selber lässt seit einigen Tagen verlauten, dass die Mauer nicht unbedingt eine Mauer sein müsse. Ein Zaun oder irgendeine Form von Grenzbefestigung sei auch möglich. Darauf sind die Demokraten aber nicht eingegangen. Ins Spiel wird auch immer wieder ein Handel gebracht: Der Präsident erhält seine Grenzbefestigung, die Demokraten dafür das Bleiberecht für die sogenannten «Dreamers», die Papierlosen, die als Kinder in die USA gebracht wurden. Wirklich konkretisiert haben sich solche Ideen aber bisher nicht.
Trump selber hat gesagt, er könne die Mauer auch ohne die Zustimmung des US-Parlaments bauen lassen. Stimmt das?
Der Präsident hat grundsätzlich die Möglichkeit, den nationalen Notstand auszurufen. Damit würde automatisch Geld im Verteidigungshaushalt frei werden, das man für den Mauerbau einsetzen könnte. Ob ein solcher Schritt vor Gericht stand halten würde, darf bezweifelt werden. Denn die USA haben primär einen Asylnotstand, einen Vollzugsnotstand an der Grenze und dieser wird mit der Mauer schlicht nicht beseitigt.
Trump scheint wenig Spielraum zu haben. Denn ein Nachgeben in der Frage des Mauerbaus bringt ihn in Konflikt mit dem harten Kern seiner Wählerbasis. Er ist gefangen im eigenen Wahlversprechen.
Bis jetzt haben die Amerikaner den Stillstand noch nicht richtig im Alltag gemerkt. Wann ändert sich das?
Im Moment sind die Auswirkungen noch punktuell. In einigen Nationalparks sind Abfallkübel überfüllt und WCs verstopft. Zunehmend fehlt aber an den Flughäfen das Personal für die Sicherheitsüberprüfungen, weil sich immer mehr Beamte krank melden. Am JFK-Airport in New York waren es am Freitag 150. Richtig spürbar wird der Stillstand erst im Februar. Dann ist nicht mehr genügend Geld für die Lebensmittelmarken von 38 Millionen ärmeren US-Bürgern vorhanden. Ebenfalls ab nächsten Monat fehlt der Steuerbehörde IRS das Personal, um die Steuerrückvergütungen zu zahlen. Das betrifft Millionen Menschen, auch aus dem Mittelstand.
Jahrelang, so wie Trump es angedroht hat, kann der Stillstand also nicht weitergehen?
Nein, denn die Folgen werden immer stärker spürbar, je länger es dauert und dann sind auch immer mehr Menschen betroffen. Da kommt Trump in Zugzwang. Denn es ist ihm bisher nicht gelungen, die Schuld den Demokraten in die Schuhe zu schieben.
Das Gespräch führte Beat Soltermann.