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Konflikt im Süden Thailands «Es gibt ganz sicher Menschenrechtsverletzungen durch den Staat»

Im Süden Thailands schwelt seit Jahrzehnten ein Konflikt zwischen muslimischen Separatisten und dem Militär, aber auch zwischen der malayischen und der buddhistischen Bevölkerung. Der Leiter des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok, Frederic Spohr, weiss, wieso eine Lösung so schwierig ist.

Frederic Spohr

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Frederic Spohr ist Leiter des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in der thailändischen Hauptstadt Bangkok.

SRF News: Welche Ziele verfolgen die Separatisten im Süden Thailands?

Frederic Spohr: Es gibt dort unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Zielen. Ihre Forderungen gehen von stärkeren Autonomierechten bis zu einer kompletten Loslösung von Thailand und einem eigenen Sultanat. Gemeinsam ist allen Separatisten, dass sie mehr Unabhängigkeit vom thailändischen Zentralstaat wollen.

Was weiss man über die Rebellengruppen?

Es ist eine sehr zersplitterte Bewegung, über die man wenig weiss. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass mehrere Tausend Rebellen unter Waffen sind, andere sprechen von bloss einigen Hundert.

Wo liegt der Ursprung des Konflikts? Wieso will der Süden Thailands mehr Unabhängigkeit?

Der Konflikt spielt sich in den drei südlichsten Provinzen des Landes ab. Dort leben mehrheitlich ethnische Malayen muslimischen Glaubens. Dies im Gegensatz zu den übrigen Thailändern, die überwiegend Buddhisten sind.

In der Schule soll die lokale Sprache gesprochen werden.

Die Muslime fordern mehr Autonomie, etwa, dass in den Schulen die lokale Sprache gesprochen wird. Ein Grossteil der Bevölkerung im Süden steht dem gewalttätigen Kampf der Rebellen gegen die thailändische Zentralregierung allerdings skeptisch gegenüber.

Sind die Vorwürfe der muslimischen Bevölkerung berechtigt, sie werde gegenüber den Buddhisten benachteiligt?

In Thailand herrscht weitgehend Glaubensfreiheit, es gibt viele Moscheen und Muezzine. Es geht deshalb nicht nur um die Religion, der Konflikt ist auch ethnisch bedingt. Die Malayen haben eine andere Kultur und Sprache, auch sind viele von ihnen gegenüber der thailändischen Monarchie skeptisch eingestellt.

Die Regierung fühlt sich den ethnischen Thais und Buddhisten verpflichtet.

Warum sperrt sich die thailändische Regierung gegen gewisse Autonomierechte für die Malayen?

In der Unruheregion leben auch thailändische Buddhisten, sie machen bis zu einem Drittel der dortigen Bevölkerung aus. Ihnen fühlt sich der thailändische Staat verpflichtet. Auch will dieser – wie kein anderer Staat auf der Welt auch – seinen Herrschaftsanspruch aufgeben oder gar Gebiete abtreten.

NGOs werfen der thailändischen Armee Folterungen, Entführungen und Tötungen vor. Sind die Vorwürfe berechtigt?

Es gibt ganz sicher Menschenrechtsverletzungen durch den thailändischen Staat. So starb kürzlich ein junger Separatist im Gefängnis, doch die Untersuchung dazu wurde verschleppt und brachte keine Ergebnisse. In den betreffenden Gebieten ist die Rechtsstaatlichkeit ganz klar eingeschränkt.

Die Rechtsstaatlichkeit ist in den Unruheprovinzen eingeschränkt.

Seit 2004 starben bei den Auseinandersetzungen zwischen Armee und Separatisten mehr als 7000 Menschen – wie kann eine Befriedung des Südens Thailands erreicht werden?

Der Staat müsste stärker auf die malayische Bevölkerungsmehrheit in diesen Gebieten zugehen und ihnen mehr Rechte einräumen, etwa bei der Sprache. Hilfreich wäre dabei eine generelle Demokratisierung Thailands. Die Realität sieht leider anders aus. An der Regierung ist eine armeenahe Partei, die bei halbseriösen Wahlen an die Macht gekommen ist. Sie sieht sich nicht in der Pflicht, die muslimische Bevölkerung im Süden mit einzubeziehen.

Das Gespräch führte Marlen Oehler.

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