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Konflikt in Südthailand Hoffnung in einem wenig beachteten Konflikt

Fernab der Weltöffentlichkeit bekämpfen sich im Süden Thailands Separatisten und die Armee. Neue Gespräche in Malaysia geben Hoffnung auf eine Einigung.

Auf dem islamischen Friedhof von Yaning im Süden von Thailand halten ein paar Männer vor zwei frisch aufgeschütteten Gräbern eine Mahnwache für Kamarudin Huseng und Sulkiflee Sueme. «Wieso waren die Märtyrer von Kugeln durchsiebt und hatten gebrochene Knochen?», fragt ein Anwesender wütend.

Mahnwache auf Friedhof.
Legende: Eine Mahnwache für die beiden von den Soldaten getöteten Männern. SRF/Karin Wenger

Die Toten sind für die Dorfbewohner Märtyrer. Für die Soldaten waren sie Terroristen, Aufständische und verantwortlich für einen Anschlag auf einen Militärposten im Januar. Die thailändische Armee hat die beiden Männer sowie drei weitere vor einer Woche erschossen.

«Merdeka, Unabhängigkeit!»

Der bewaffnete Kampf der Separatisten in den südlichen Provinzen begann vor 70 Jahren. Die Männer auf dem Friedhof stimmen den Forderungen der Separatisten zu: «Merdeka, Unabhängigkeit! Das ist die einzige mögliche Lösung, diesen Konflikt zu beenden. Denn wir wollen zwar Frieden, aber auch Gerechtigkeit. Doch diese gibt es nicht, solange wir von Thailand regiert werden», sagen die Männer. Die meisten von ihnen sind schon mindestens einmal von der Armee verhaftet und in Militärlagern verhört worden.

Über 7000 Tote

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Umgekehrtes Auto und Soldaten auf Strasse.
Legende: Keystone

In den drei südlichen Provinzen von Thailand schwelt seit Jahrzehnten ein Konflikt fernab der Weltöffentlichkeit. Separatisten kämpfen dort für einen unabhängigen Staat. Die Provinzen an der Grenze zu Malaysia waren einst ein Sultanat und wurden dann im Britisch-Siamesischen Staatsvertrag von 1909 zu Thailand geschlagen.

Nach einer Phase des vermeintlichen Friedens entflammte der Konflikt 2004 wieder neu. Seither sind mehr als 7000 Menschen, vor allem Zivilisten, umgebracht und mehr als 10'000 verletzt worden. Die meisten Toten hat jedoch nicht die Armee auf dem Gewissen: sie wurden bei Bombenanschlägen getötet, die den Separatisten angelastet werden.

Die Regierung versuchte die Separatisten bislang vor allem mit Militärgewalt in die Knie zu zwingen – ohne Erfolg. Im Januar setzten sich die Konfliktparteien nach langem wieder zu Friedensverhandlungen an einen Tisch. Seit dem 2. März werden diese Gespräche in Kuala Lumpur nun fortgeführt.

Versuch der Assimilisation

Obwohl in den südlichen Provinzen von Thailand mehr als 80 Prozent der Bevölkerung inmalaiische Muslime sind, versuchte sie die Regierung von Bangkok im mehrheitlich buddhistischen Thailand zu assimilieren.

So führte sie beispielsweise Thai als Amts- und Schulsprache ein, obwohl die Bevölkerung in den Südprovinzen Yawi, eine Dialektform von Malaysisch sprechen.

Bislang versuchte die Regierung in Bangkok, die Rebellen mit Gewalt in die Knie zu zwingen und das Problem kleinzureden. Eine interne Angelegenheit, ein Sicherheitsproblem, aber kein Konflikt sei das, sagt denn auch Anusart Suwanmongkol. Er besitzt das grösste Hotel in der Südprovinz Pattani, ist Senator und steht dem Könighaus und der Armee nahe. «Wenn die Situation so schlimm wäre, dann würde niemand hier leben. Wer zur Gewalt anstachelt, sind zudem nicht die Soldaten, sondern die Separatisten. Ich finde, wir sind komplett frei hier, können unsere Religion ausüben und zur Schule gehen.»

Die Zahl der Todesopfer habe zwar stetig abgenommen, der Konflikt sei jedoch längst nicht vorbei, meint Sunai Phasuk von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Um diesen zu lösen, brauche es nicht mehr Gewalt, sondern eine politische Lösung.

Angehöriger der Armee.
Legende: Kriegsrecht, willkürliche Verhaftungen, Folter und Straffreiheit für die Soldaten gehörten zum Alltag im Süden von Thailand und lassen die Menschen in einem Gefühl der Machtlosigkeit und Angst zurück. SRF/Karin Wenger

Nach früheren gescheiterten Friedensverhandlungen ist der Menschenrechtler hinsichtlich der aktuellen Gespräche in Kuala Lumpur diesmal hoffnungsvoll: «Dieser neue Friedensdialog ist vielversprechender als alle anderen zuvor. Denn es ist das erste Mal, dass die Barisan Revolusi Nasional, BRN, die grösste und wichtigste Separatisten-Gruppe, am Tisch sitzt und von der thailändischen Regierung anerkannt wird.»

Im Dorf Yaning sitzt eine Frau auf dem Teppich ihres Hauses und streicht ihrem weinenden Sohn über den Kopf. Die Witwe weiss nichts von den Friedensgesprächen. Auch habe sie nicht gewusst, dass ihr Mann mit den Separatisten gekämpft habe, wie das die Soldaten behaupteten, sagt sie.

Ehemann und Zukunft der Kinder verloren

Vor einem Monat sei er einfach verschwunden und dann als Toter zurückgebracht worden. Was bedeutet Friede für sie? «Ein besseres Leben, ein friedlicheres, eines, ohne Soldaten und mit genügend Geld, damit ich meine Kinder zu Schule schicken kann.»

Die Witwe arbeitet auf einer Gummibaum-Plantage. Sie verdient 1.50 Franken am Tag, was nicht reicht, um vier Kinder zu ernähren. Ihr ältester Sohn wird die Schule nun abbrechen, um mit seiner Mutter auf der Plantage Geld zu verdienen. Der Konflikt hat der Frau nicht nur den Mann geraubt, sondern ihren Kindern auch die Zukunft.

Echo der Zeit, 2.3.2020, 18:00 Uhr; hosb;gotl

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