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Krise mit Seerettern vor Malta «Wir müssen und können das absurde System ändern»

Reine Abschreckung ist das falsche Rezept. Dies sagt Migrationsexperte Gerald Knaus und plädiert für einen Mittelweg.

Vor Malta sind zwei private Rettungsschiffe deutscher Hilfsorganisationen mit 49 Flüchtlingen weiterhin blockiert. Malta und Italien verweigern die Landung. Deutschland und andere europäische Länder verhandeln bisher erfolglos über die Aufnahme und Verteilung der Menschen, die seit dem 22. beziehungsweise 29. Dezember bei teilweise sehr rauer See ausharren.

Pendeln zwischen Extremen

Die Lage der Menschen sei unerträglich und illustriere einmal mehr, dass in der EU und den europäischen Ländern eine kohärente Politik für solche Fälle fehle, sagt der Migrationsexperte Gerald Knaus, Gründer der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) in Berlin.

Gerald Knaus.
Legende: Der Österreicher Gerald Knaus ist ein Vordenker des EU-Flüchtlingsdeals mit der Türkei von 2016. Imago/Archiv

Europa pendelt nach Einschätzung von Knaus weiterhin zwischen zwei Extremen hin und her. Das eine Extrem zeige sich mit der Lage 2016 mit 180'000 Flüchtlingen gewesen, davon 100'000 aus sechs westafrikanischen Ländern mit minimaler Anerkennungsquote. In diesem Jahr seien unglaublich viele Menschen ertrunken, nämlich über 4500.

Die andere Extremsituation entstehe, wenn Seenotrettung zu Abschreckung verhindert werde, mit den Risiko, dass viele Menschen ertrinken. «Dann kommen zwar tatsächlich weniger Menschen. Allerdings um den Preis, dass wir fundamentale europäische und internationale Werte aufgeben.»

Wir sind weiterhin nicht in der Lage, schnell über Asylanträge zu entscheiden.
Autor: Gerald Knaus Migrationsexperte, Leiter der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI)

Europa sei weiterhin nicht fähig, rasch über Asylanträge zu entscheiden, betont Knaus. Damit probierten es weiterhin sehr viele Menschen, obwohl sie wüssten, dass sie am Ende nach vielen Jahren in der EU doch abgelehnt würden. «Das war und ist ein absurdes System, das wir verändern müssen und auch können.» Es gehe nicht an, mangels einer kohärenten, humanen und umsetzbaren Politik Menschen ertrinken zu lassen oder die privaten Seenotretter zu bestrafen.

Aufnahmezentrum auf Malta

Ein Mittelweg wäre laut Knaus die Schaffung eines Aufnahmezentrums etwa auf Malta. Und zwar als gemeinsame Initiative der Schengen- und Dublin-Staaten. So könnten schnelle Asylentscheidungen getroffen und anerkannte Flüchtlinge auf die verschiedenen Staaten verteilt werden. Letztere müssten dafür grosszügig unterstützt werden. Wer keinen Schutz brauche, soll dagegen in die Herkunftsländer zurückgeschickt werden.

Knaus betont, dass es nicht darum gehe, die Geretteten nach Malta oder Italien zu schaffen. Ein europäisches System wäre nach seinen Worten heute umso leichter umsetzbar, als dass die Zahl der Ankommenden in den letzten anderthalb Jahren stark zurückgegangen sei. Das neue System müsste zugleich verhindern, dass wieder mehr Menschen aufbrechen, von denen der Grossteil in Europa gar keinen Schutz brauche.

Warum nicht bereits ausserhalb der EU stoppen?

Der Vorschlag von Aufnahmezentren ausserhalb der EU-Aussengrenze basiere auf einem grundlegenden Denkfehler, so Knaus. Denn niemand, der keinen Schutz brauche, würde sich in einen solchen Zentrum anmelden. Die Schutzbedürftigen wiederum könnten nicht einfach in einen Herkunftsstaat wie etwa Libyen zurückgeschickt werden, wo es keinerlei Sicherheit und Kontrolle gebe, dass grundlegende Menschenrechte respektiert werden.

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