- Zehntausende feiern beim Benefizkonzert «Venezuela Aid Live» den jungen Oppositionsführer Juan Guaidó.
- Beobachter schliessen nicht mehr aus, dass der Machtkampf in Caracas mit der Frage um die Hilfslieferungen aus dem Ausland entschieden wird.
- Sowohl die UNO als auch die USA warnen vor einer weiteren Eskalation der Lage.
An diesem Wochenende droht an Venezuelas Grenze der Showdown im Machtkampf von Caracas.
Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó will die humanitäre Hilfe persönlich abholen: Überraschend hat sich der junge Oppositionsführer denn auch beim Benefizkonzert «Venezuela Aid Live» in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta gezeigt.
Offene Provokation
Guaidós Besuch im Nachbarland war eine offene Provokation gegen seinen Kontrahenten, Staatschef Nicolás Maduro: Denn wegen eines laufenden Ermittlungsverfahrens darf Guaidó das Land eigentlich gar nicht verlassen.
Doch der gab sich vor einer Lagerhalle mit Hilfsgütern selbstsicher: «Die Frage ist: Wie sind wir hier nach Kolumbien gekommen, wenn der Luftraum gesperrt und der Schiffsverkehr verboten ist und die Strassen blockiert sind? Wir sind hier, weil die Soldaten uns geholfen haben. Das ist die Wahrheit», sagte Guaidó an der Seite von Kolumbiens Präsident Ivan Duque, dem chilenischen Staatschef Sebastián Piñera und Paraguays Präsident Mario Abdó.
«Diese Brücke gehört mir»
Der kolumbianische Fernsehsender Caracol veröffentlichte ein Video, auf dem Guaidó mit Anhängern im Laufschritt über eine Grenzbrücke zwischen Venezuela und Kolumbien rennt. «Diese Brücke gehört mir», ruft er und streckt eine Faust in die Luft. «Natürlich schaffen wir es.»
Heute Samstag könnte es an der Grenze zum Showdown kommen: Tausende freiwillige Helfer wollen die bereits in Cúcuta bereitstehenden Hilfsgüter nach Venezuela schaffen, wo viele Menschen hungern, Infektionskrankheiten wie Malaria sich wieder ausbreiten - über drei Millionen Venezolaner haben ihre Heimat bereits verlassen.
«Hoffentlich erleuchtet Gott das Militär»
Staatschef Maduro sieht in der humanitären Hilfe allerdings einen Vorwand für eine militärische Intervention in dem südamerikanischen Land und hat die Streitkräfte angewiesen, die Lieferungen nicht passieren zu lassen.
Dass die Soldaten Guaidó nach eigener Darstellung passieren liessen, sorgte bei Maduros Gegnern für Optimismus. «Hoffentlich erleuchtet Gott die Streitkräfte», sagte der chilenische Präsident Piñera.
Spenden-Ziel: 100 Millionen Dollar
Hunderttausende Menschen hatten bei «Venezuela Aid Live» bekannten lateinamerikanischen Künstlern wie Luis Fonsi, Juanes, Maluma und Paulina Rubio zugejubelt.
Mit dem Konzert wollten der britische Milliardär Richard Branson und die venezolanische Opposition den Startschuss zu einer Spendenkampagne geben, um innerhalb von 60 Tagen bis zu 100 Millionen Dollar für die humanitäre Hilfe einzusammeln.
Warnung aus Washington
Auf der venezolanischen Seite forderten regierungstreue Musiker «Hände weg von Venezuela». Der Regierungsfunktionär Freddy Bernal war sich sicher: «Alle Künstler auf der Bühne werden der Welt sagen, dass Venezuela frei und unabhängig ist.» Etwa 2500 regierungstreue Musikfans zählten Beobachter vor Ort.
Washington warnte Maduro und das venezolanische Militär unterdessen vor Gewaltanwendung. In einer Erklärung forderte das Weisse Haus die venezolanischen Soldaten auf, Hilfsgüter für das Volk ungehindert passieren zu lassen. «Die Welt sieht zu», warnten die USA.