Wie ist die Lage in Frankreich? Das Land meldet mit 5429 neuen Coronafällen in 24 Stunden – so vielen wie seit April nicht mehr – einen neuen Höchststand. Das Departement Bouches-du-Rhône, dessen Zentrum Marseille ist, verzeichnet bei den Neuansteckungen neben Paris die meisten Fälle. Die Stadt Marseille hat deshalb strenge Massnahmen ergriffen. Es gilt überall Maskenpflicht. Zudem müssen Bars und Restaurants spätestens um 23 Uhr schliessen. Nirgends sonst in Frankreich gelten so strenge Regeln.
Wie ernst ist die Situation in Marseille? «Offenbar reicht es für drastische Massnahmen», sagt SRF-Korrespondent Daniel Voll. Da Paris noch stärker betroffen ist als Marseille, sei es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Hauptstadt strengere Massnahmen getroffen werden. Ein Sprecher der Regierung habe dies nach einer Sitzung am Mittwoch schon angetönt.
Wie weit gehen die Massnahmen? In Paris wurde die Maskenpflicht zunächst nur in bestimmten Quartieren und auf einigen Strassen im Stadtzentrum eingeführt. Ab Freitag gilt sie flächendeckend. Die Pflicht werde aber nicht konsequent durchgesetzt, sagt Voll. Auch von einer Sperrstunde wie in Marseille sieht man in Paris noch ab. Die abschreckende Wirkung auf die Touristen könnte laut dem Korrespondenten ein Grund sein, weshalb man noch zögere – oder auch die Rücksicht aufs Gastgewerbe, das während des Stillstands von Mitte März bis Juni schon stark gelitten hat.
Wie sieht es in anderen Regionen aus? Die Situation hat sich seit Beginn der Sommerferien verändert. Touristische Regionen im Westen Frankreichs, etwa an der Atlantikküste, waren bis dahin tendenziell coronafrei. Nun hat auch dort die Zahl neuer Fälle zugenommen. Verbessert hat sich die Lage dafür im Osten, der Region Grand Est, im Elsass und den Vogesen, aber auch im Burgund und der Franche-Comté, den Regionen an der Schweizer Grenze.
Welche Möglichkeiten bleiben den Behörden? «Eine weitere mögliche Massnahme wären zum Beispiel Reisebeschränkungen für die am stärksten belasteten Regionen, eine 100-Kilometer-Grenze, wie sie nach dem Ende des Stillstands in Paris in Kraft war», sagt Voll. Aber so ernst die Situation auch ist, die Regierung beschwichtigt: Die Situation sei weniger dramatisch, als die Zahlen glauben machten. Viele Erkrankte brauchten keine Intensivpflege.
Die Auslastung der Spitäler sei relativ tief, auch weil sich eher jüngere Menschen neu ansteckten, so der Korrespondent in Paris. Die Krankheit verlaufe oft milder als zu Beginn der Epidemie. «Aber auch in Frankreich wird heute mehr getestet als zu Beginn – und auch im Vergleich zur Schweiz.»