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Mögliche Szenarien Wie weiter in Katalonien?

Einfach wird es für Madrid nicht, die Unabhängigkeitspläne Kataloniens zu stoppen. Es drohen Sabotage und Gewalt.

Madrid sind die Unabhängigkeitspläne Kataloniens ein Dorn im Auge. Nun hat die Regierung mit der Absetzung der Regionalregierung in Barcelona reagiert. Doch bei der Intervention könnte der Schuss auch nach hinten losgehen, warnen viele neutrale Politiker und Beobachter. Diese Szenarien könnten drohen.

  • Eiserner Widerstand katalonischer Beamten

Es gilt unter anderem als sicher, dass Madrid bei der angekündigten Übernahme der Kontrolle über regionale Ministerien und Behörden auf eisernen Widerstand seitens der meisten der rund 110'000 Beamten der Regionalregierung stossen wird. Stichwort ziviler Ungehorsam.

Die Schriftstellerin und Journalistin Esther Jaén, eine nicht-separatistische Katalanin, warnte am Freitag im TV: «Das kann ein sechsmonatiges absolutes Desaster werden.» Es werde viele Störmanöver von Beamten geben, und Hunderte von separatistischen Bürgermeistern würden Neuwahlen mit Sicherheit mit allen Mitteln zu boykottieren versuchen.

  • Gewaltsame Proteste

Es könnte aber auch sein, dass es nicht beim relativ friedlichen Widerstand bleibt. Sprecher von Puigdemonts Partei sagen: «Es wird wohl leider Unruhen geben.» Die Warnung des Real Instituto Elcano lässt erschaudern. Die von Regierungen und Unternehmen unabhängige renommierte spanische Denkfabrik warnt vor einem «katalanischen Maidan» – in Anspielung auf den blutigen Ukraine-Konflikt mit Tausenden Toten vor wenigen Jahren. «Die Möglichkeit von weiteren Mobilisierungen kann nicht ausgeschlossen werden», heisst es.

Das fürchtet auch Enric Juliana. «Die Unabhängigkeitsbefürworter sind jetzt nach den vielen Demos der Strassen etwas müde. Aber wenn sie den Eindruck gewinnen sollten, dass so etwas wie eine Besatzungsmacht in Katalonien einmarschiert, werden sie nicht still halten», erklärte der stellvertretende Direktor der liberalen, in Barcelona erscheinenden Zeitung «La Vanguardia». Man dürfe die Katalanen beim Einsatz der unter Verfassungsexperten umstrittenen Zwangsmassnahmen – ein Novum in Spanien seit Inkrafttreten der Verfassung von 1978 – nicht einer schlimmen Demütigung aussetzen.

Man darf die Katalanen nicht einer schlimmen Demütigung aussetzen.
Autor: «La Vanguardia» In Barcelona erscheinende, liberale Zeitung

Das könnte der Fall sein, wenn Puigdemont nicht nur in seinem Büro im «Palau de la Generalitat» die Umzugskartons packen muss, sondern – wie von der Generalstaatsanwaltschaft angedroht – von der staatlichen Polizeieinheit Guardia Civil in Handschellen abgeführt und unter dem Vorwurf der «Rebellion» hinter Gitter gesteckt wird. Diese Möglichkeit ist am Freitag nach der Verabschiedung einer Resolution zur Einleitung der Loslösung von Spanien im Katalonien-Parlament um einiges wahrscheinlicher geworden.

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