Zum Inhalt springen

Nach der Wahl in Deutschland «Jamaika» in Schleswig-Holstein: «Es läuft ganz gut»

Wird Deutschland bald von einer schwarz-gelb-grünen Koalition regiert? Wie es klappen kann, zeigt ein Blick in den Norden.

Im Bundesland Schleswig-Holstein regiert seit 100 Tagen ein schwarz-gelb-grünes Bündnis. Nach der Bundestagswahl deutet auch auf Bundesebene alles auf eine Jamaika-Koalition hin. Dafür müssen sich aber Merkels Union, die FDP und die Grünen noch auf gemeinsame Positionen einigen. Es stehen zähe und lange Verhandlungen bevor. Wie und dass es klappen kann, zeigen die ersten hundert Tage der schleswig-holsteinischen Regierung.

Diagramm
Legende: Die Koalition aus Union, FDP und Grünen hätte im neuen Bundestag rechnerisch eine stabile Mehrheit. dpa

Die Kieler sind zufrieden

Nordwetter in Kiel. Nass und dazu eine kühle Brise. Die schleswig-holsteinische Flagge weht über dem Wochenmarkt am Exerzierplatz. Blau-Weiss-Rot. Keine Spur von «Jamaica Feeling».

Dafür ist Schwarz-Gelb-Grün an den Marktständen in aller Munde. «Es läuft ganz gut», sagt ein älterer Herr am Kaffee-Stand. «Es waren die ruhigsten hundert Tage, die ich hier jemals erlebt habe», meint ein anderer. Von einer Bereicherung spricht die Frau neben ihnen.

Besser als vorgestellt

Im Kieler Landtag führt Christopher Vogt die FDP im Parlament an. Er spricht von zähen Verhandlungen, die der Regierungsbildung vorangingen. Dass man auch einmal kurz vor dem Scheitern stand. Jetzt aber habe man sich gefunden. Und zwar ziemlich gut. «Es läuft schon besser als wir uns das vorgestellt haben. Es ist ja für uns eine ungewohnte Situation, auch nicht die nicht unsere Wunschkonstellation. Aber im Grossen und Ganzen läuft es gut.», so Vogt gegenüber SRF.

Wir lernen uns besser kennen, das Vertrauen wächst und wir bringen auch etwas voran.
Autor: Christopher Vogt Parlamentarischer Geschäftsführer FDP

In den ersten hundert Tagen hat die Jamaika-Koalition 33 Projekte angestossen und viele davon auch umgesetzt. Ein erstes Steuergesetz wurde verabschiedet und neue Sicherheitsmassnahmen beschlossen. Dafür mussten vor allem die Grünen Kompromisse eingehen. Früher waren die Umweltschützer die gossen Bekämpfer von Schwarz-Gelb. Und jetzt scheinen auch sie bereit zu sein, die traditionell festgefahrene politische Farbenlehre auszuhebeln.

Politische Farbenlehre neu definiert

«In einem gewissen Sinne haben wir die Farbenlehre neu definiert», sagt Robert Habeck, Grüner Umweltminister und stellvertretender Ministerpräsident. «Man hat den Sprung geschafft nicht nur auf sich selbst zu schauen und zu sagen: Das steht doch in unserem Parteiprogramm drin und alle, die das anders finden sind Idioten.»

Man hat es geschafft, auch die andere Seite immer mitzusehen und zu bedenken.
Autor: Robert Habeck stv. Ministerpräsident Grüne

Habeck sagt, man könne nicht meinen, weil es in Schleswig-Holstein gut funktioniere, klappe es auch auf Bundesebene. Die Probleme im Bund seien komplexer. Zudem sei mit der CSU ein vierter Beteiligter, der seine Positionen durchsetzen wolle, das mache die Regierungsbildung nochmals deutlich schwieriger

Zurück auf dem Kieler Wochenmarkt sagt ein Mann, in Berlin sollten sie sich nun endlich zusammenreissen, so wie Schwarz-Gelb-Grün es hier tue. Schliesslich hätten sie eine Verantwortung: ein Land zu regieren und voranzubringen. In Kiel, im Kleinen, sind sie schon ziemlich warm geworden mit «Jamaika». Im grossen Berlin hingegen sind sie noch weit davon entfernt.

Meistgelesene Artikel