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Neue Anpassungsstrategie EU-Kommission stellt sich der unangenehmen Klima-Realität

Bereite man sich nicht rasch auf die Folgen des Klimawandels vor, so werde es teuer, warnt der zuständige EU-Kommissar Timmermans.

Auch wenn Europa ab morgen keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr ausstossen würde, wären die Folgen der Sünden aus der Vergangenheit noch jahrzehntelang zu spüren, erklärte der für die Klimapolitik zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans. Darum präsentierte er an einer Medienkonferenz in Brüssel die neue EU-Anpassungsstrategie.

Viel zu lange sei es ein Tabu gewesen, über Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu sprechen, sagte er. Heute sei aber klar, dass zwischen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel kein Widerspruch bestehe: «Bauern spüren die Folgen des Klimawandels heute schon im Portemonnaie. Sie haben Ernteausfälle wegen Dürren oder Überschwemmungen.»

Der Tourismusbranche brächen die Einnahmen weg, weil ganze Küstenabschnitte erodieren, erklärte Timmermans. «Und auch der Binnenschifffahrt auf dem Rhein entstehen jedes Jahr höhere Kosten, weil die Schifffahrt wegen Hochwassers eingeschränkt ist.»

Kosten schon heute hoch

Zwölf Milliarden Euro kostet dies die europäische Wirtschaft gemäss EU-Kommission bereits heute jedes Jahr. Die Tendenz ist stark zunehmend.

Frans Timmermans
Legende: Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, ist für die Klimapolitik zuständig. Keystone

Das ist eine unangenehme Realität. Eine andere unangenehme Realität sei, dass häufig die Falschen die Kosten dieser Fehlentwicklung zu tragen hätten, so Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission. Private, meist ohne Versicherungsschutz, und die öffentliche Hand hätten die hohen Kosten des Klimawandels zu tragen. Die Gegenstrategie der EU heisst: Mehr Wissen erwerben durch eine systematische Datenerhebung zum Klimawandel.

Kritik von grüner Seite

Mehr und neue Datensätze sollen auf einer zentralen EU-Datenplattform zur Verfügung gestellt werden, um solide Gegenmassnahmen zu entwickeln. Modelle sollen zum Beispiel Versicherungen helfen, Risiken bei Ernteausfällen in der Landwirtschaft abzusichern. Oder staatliche Sozialversicherungen könnten die finanziellen Folgen für steigende Kurzarbeitsentschädigungen besser berechnen, die Hitzewellen im Baugewerbe verursachen.

Genau da setzt die Kritik an der neuen EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel an. Sie sei viel zu theoretisch und schwammig, kritisieren etwa grüne Politikerinnen und Umweltverbände. Sie fordern mehr Verbindlichkeit, und dass die EU ihre Subventionen stärker an die Verpflichtung knüpfe, auf umweltfreundliche Produktionsprozesse umzustellen, die gleichzeitig besser an die Folgen des Klimawandels angepasst seien.

Im Rahmen der Beratungen über ein neues EU-Klimagesetz haben nun die EU-Staaten und das EU-Parlament die Möglichkeit, die Anpassungsstrategien der EU-Kommission ihrerseits anzupassen.

Echo der Zeit, 24.02.2021, 18:00 Uhr

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