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International Noch wollen die Piraten die Segel nicht ganz streichen

Deutschland blickt zurzeit auf die SPD mit dem Entscheid über die Koalition sowie auf die Parteitage von CDU und CSU. Aber auf die, die noch vor einem Jahr als neue Kraft in der Politik galten, auf die blickt keiner mehr. Casper Selg war einer der wenigen Journalisten am Parteitag der Piraten.

Weit über tausend Piraten treffen sich hoch oben im Norden, in einer gewaltigen Messehalle. Bernd Schlömer ist der Parteipräsident, er hebt an zur Eröffnungsrede, nur: im Unterschied zu den Eröffnungsreden aller anderen Parteikongresse benutzt Schlömer die Gelegenheit nicht, die Partei aufzurütteln, in Aufbruchsstimmung zu versetzen. Schlömer kommt bereits zum Schluss, kaum hat er angefangen. Alles, was er seinen Parteikollegen mitgibt, ist die Bitte: Geht mit dem neuen Parteivorstand nicht so um wie mit uns.

Dann ist Schluss, nach knapp zwei Minuten. Mehr will der Mann nicht sagen, der den Bettel nach eineinhalb Jahren hinwirft. Genau wie fast alle anderen im Parteivorstand. Sieben von neun sind zurückgetreten. Darunter auch die Generalsekretärin, die war gerade sechs Monate im Amt.

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Die Piraten suchen Wind
aus Echo der Zeit vom 30.11.2013. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 25 Sekunden.

Die Suche nach den Gründen

Der Grund für den kollektiven Rücktritt an der Spitze, für die Krise, in der die Piraten stecken, ist zum einen natürlich das miserable Resultat bei der Bundestagswahl. 2,2 Prozent, nachdem man noch vor eineinhalb Jahren bei gegen zehn Prozent gestanden hatte. Der Einzug in den Bundestag war seinerzeit klare Sache. Und jetzt dies. Dabei waren die Voraussetzungen eigentlich sehr gut, das grosse Piratenthema hatte zur Zeit der Wahl Konjunktur. Bernd Schlömer, der Oberpirat, kann uns nicht erklären, wieso das alles so schlecht lief.

«Es ist für alle Beteiligten, aber auch für Journalisten, erstaunlich gewesen, wie trotz der intensiven Debatte in Deutschland über staatliche Überwachung, den NSA-Skandal wir so wenig Zuspruch gefunden haben», sagt Schlömer. Das Hauptthema der Piraten, die digitalen Bürgerrechte, hat niemand interessiert. Man habe in der Euro-Krise halt Sicherheit gewollt. Die Merkel, sagt Schlömer.

Kritik an den eigenen Mitgliedern

Der zweite Grund für die Piratenkrise – und darauf hat Schlömer in seiner Rede angespielt – sind die permanenten internen Streitereien in dieser Partei. Ihre Spitzenvertreter werden mit Kritik, mit Shitstorms überzogen, wann immer sie sich in der Öffentlichkeit äussern. Schlömer bestätigt: «Das Klima in der Piratenpartei ist rauh. Es ist aber auch eine lebendige Debattenkultur.»

Dies in einer Partei, in der ohnehin alles anders läuft als bei den anderen. Alles soll immer transparent sein, jeder soll jederzeit an jedem Prozess teilhaben können, alles geht übers Internet. Wer hier dabei sein will, arbeitet mit sieben verschiedenen Internet-Werkzeugen, häufig gleichzeitig. Das macht jeden Entscheidungsprozess kompliziert, das macht viele davon fast endlos und das ist auch nicht besonders «Oma-freundlich». Es schliesst einige aus.

Bessere Löhne für die Spitze

Das dritte Problem sind die Strukturen. Schlömer, der ganze Parteivorstand, arbeitet – für die ganze Haue, die sei dabei häufig bekommen – ehrenamtlich. Während des Wahlkampfes waren das manchmal 16 Stunden am Tag. Mindestens hier wollen die Piraten jetzt Abhilfe schaffen, ihre Spitzenvertreter bescheiden entlöhnen. «Das ist schon mal was», sagt Schlömer und er glaubt auch an eine zweite Chance für seine Partei.

«Wenn wir frisch und fröhlich und kreativ angreifen, glaube ich, dass die Menschen sagen, jetzt wählen wir mal die Piraten, jetzt kriegen die Piraten nochmals eine Chance.»

Nur, bis dieser sympathische bunte Haufen wieder frisch und fröhlich auftritt, bis diese Piraten wieder «klar zum Entern» sind, müssen sie erst mal bereit sein sich zu Ändern. Danach sieht es heute aus, jedenfalls im Stil der Debatte. Die ist wesentlich weniger aggressiv als bei anderen Gelegenheiten. Ob das allerdings so bleibt wenn alle neuen Vorstandsmitglieder bekannt sind, ist – nach allen Erfahrungen – mindestens offen. Und der ständige öffentlich ausgetragene Zoff schadet halt. Oder wie der zurückgetretene Präsident das ganz vorsichtig formuliert: «Ich glaube, wir sind ein bisschen unter Druck greaten, weil wir auch uns nicht immer gut verkauft haben.» So kann man das auch sagen.

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