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Olympische Winterspiele «Ein Coup der nordkoreanischen Propaganda»

  • Kim Yo Jong hat an der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang in Südkorea teilgenommen.
  • Sie ist Direktorin des Propaganda-Ministeriums und Mitglied des Zentralkomitees. Die mächtige Frau landete am Freitag mit einer Delegation des Nordens in Seoul.
  • Sie ist das erste Mitglied der regierenden Familie, das seit dem Ende des Koreakrieges 1953 südkoreanischen Boden betritt.

Südkoreas Staatspräsident Moo Jae In eröffnete die zweiten Spiele in seinem Land 30 Jahre nach den Sommerspielen von Seoul um 21.42 Uhr Ortszeit mit der traditionellen Formel auf Koreanisch. Stunden vor der Eröffnung ist Kim Yo Jong mit einer Delegation des Nordens in Seoul gelandet.

An Bord war auch Kim Yong Nam, das protokollarische Staatsoberhaupt Nordkoreas. Bei der Begrüssung durch Vereinigungsminister Cho Myoung Gyon lächelte die 30-jährige Kim Yo Jong an der Seite des 90-jährigen Kim Yong Nam.

Historisches Händeschütteln

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Moon  Jae In (linke Seite) und Kim Yo Jong
Legende: keystone

Während der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspielen haben Moon Jae In und Kim Yo Jong gleich zweimal die Hände geschüttelt: Zum ersten Handschlag trafen sich Moon und Kim bereits beim Betreten der VIP-Tribüne, beim zweiten drehte sich Moon während des Einmarschs der koreanischen Sportler für alle sichtbar auf der Tribüne zu Kim um – sie lächelte zurück.

«Das muss man ganz klar als Coup von Nordkoreas Propaganda bezeichnen», sagt Martin Fritz, Journalist und Nordkorea-Experte gegenüber SRF. Es sei ganz interessant, so Fritz, den Vergleich zu den Olympischen Spielen 1988 in Südkorea zu ziehen. Damals habe Nordkorea nicht teilgenommen und dann ein Jahr zuvor ein Flugzeug in die Luft gesprengt, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. «Dieses Mal versucht man es mit einer Charmeoffensive», so Fritz weiter, «dieses Kalkül ist offenbar aufgegangen».

Machtübernahme 2011

Der Besuch gilt als Zeichen dafür, dass Kim Jong Un die seit Anfang des Jahres betriebene Annäherung fortsetzen will. Nordkorea hat zu den Spielen auch eigene Athleten geschickt.

Den Besuch von Kims Schwester muss man ganz klar als Coup von Nordkoreas Propaganda bezeichnen.
Autor: Martin Fritz Nordkorea-Experte

Seit seiner Machtübernahme Ende 2011 hat Kim seiner jungen Schwester verschiedene Posten verschafft, um damit die Stellung der Familie innerhalb des Führungssystems zu stärken. Seit die Schwester ins Zentralkomitee der herrschenden Arbeiterpartei aufgestiegen war, gab es Spekulationen, dass sie ihrem Bruder bei den Regierungsgeschäften stärker zur Hand gehen könnte.

Einladung nach Pjöngjang?

Südkoreanische Medien spekulierten, dass Kim durch die Delegation auch eine Botschaft an den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In übermitteln wolle. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf diplomatische Quellen, Kim könnte womöglich den südkoreanischen Staatschef nach Pjöngjang einladen.

Moon hatte erklärt, die Olympia-Zusammenarbeit nutzen zu wollen, um eine dauerhafte Entspannung auf der koreanischen Halbinsel zu erreichen.

Was ist vom Gespräch zu erwarten? Nordkorea-Experte Fritz meint: «Es heisst, dass Kim Yo Jong selber verhandeln wird, schliesslich kann sie das ungefiltert und ohne eigene Interessen an ihren Bruder weitergeben. Das heisst dort wird sehr offen gesprochen werden.»

Man solle sich aber keine Illusionen machen, so Fritz weiter, «an der gestrigen Militärparade wurden die Langstreckenraketen gezeigt, welche die USA erreichen können.» Von dort sei ganz klar das Signal aus Nordkorea gekommen: Entspannung mit Südkorea ja, aber wir halten an unsere Atom- und Raketenbewaffnung fest.

Gespräche mit der US-Delegation?

Bei einem Empfang von Moon vor Beginn der Eröffnungsfeier für die Ehrengäste werde der Präsident voraussichtlich auch Kim Yong Nam treffen, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Weitere Gäste des geplanten Empfangs werden voraussichtlich US-Vizepräsident Mike Pence, der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe sein. Nordkorea hatte zuvor möglichen Gesprächen mit der US-Delegation am Rande der Spiele eine Absage erteilt.

Nach gegenseitigen Drohungen zwischen der nordkoreanischen Führung und US-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr hatte es die schlimmsten Befürchtungen gegeben.

Nordkorea arbeitet an der Entwicklung von Interkontinentalraketen, die einen Atomsprengkopf bis auf das US-Festland tragen können. Die kommunistische Führung unterstellt Washington eine feindselige Politik. Am Donnerstag nahm Kim eine grosse Militärparade in Pjöngjang ab, bei der auch Langstreckenraketen gezeigt wurden.

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