- Die Unabhängigkeitspartei von Ministerpräsident Bjarni Benediktssonal ist stärkste Kraft bei den Wahlen geworden. Sie kommt nach Verlusten aber nur noch auf rund 25 Prozent.
- Die links-grüne Bewegung von Oppositionsführerin Katrin Jakobsdottir gewinnt als zweitstärkste Partei rund 17 Prozent der Stimmen – ein leichtes Plus.
- Ein linkes Bündnis aus vier Parteien hätte die Mehrehit im Parlament undkönnte die bisherige Regierung ablösen.
Der umstrittene bisherige Ministerpräsident Bjarni Benediktsson erhebt als Chef der stärksten Partei Anspruch auf das Amt. «Bei Wahlen geht es um eines: um Stimmen. Und wir haben die meisten Stimmen», rief Benediktsson in der Wahlnacht seiner Partei zu. Um Regierungschef zu bleiben, könnten ihm jedoch die Koalitionspartner fehlen, nachdem das Mitte-Rechts-Bündnis im September in einem Skandal um einen Sexualverbrecher platzte.
Auch Katrin Jakobsdottir könnte mit einem linken Bündnis Regierungschefin werden. Dafür braucht sie jedoch mehr Partner als gewünscht. In einem Viererbündnis mit Sozialdemokraten, Fortschrittspartei und Piratenpartei reicht es für eine Mehrheit. «Ich hoffe», sagte die 41-jährige Oppositionsführerin, «dass wir die nächste Regierung anführen werden und diese Gesellschaft besser für die Menschen machen.»
«Panama Papers» und Skandal um Sexualstraftäter
In Island geht es politisch seit zwei Jahren drunter und drüber. Nach der Enthüllung der «Panama Papers» trat 2016 der damalige Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zurück. Er soll Mitinhaber einer Briefkastenfirma in einem Steuerparadies gewesen sein. Die Menschen kochten vor Wut – wählten bei den Neuwahlen aber doch wieder fast die gleiche Machtelite. Bis die Mitte-Rechts-Regierung der konservativen Unabhängigkeitspartei mit den kleineren Parteien «Bright Future» und «Vidreisn» stand, dauerte es lange.
Dann hielt sie keine neun Monate. Benediktsson hatte gerade den Haushalt für 2018 präsentiert, da liess «Bright Future» die Koalition im September platzen. Sie wirft den Konservativen vor, einen Skandal um einen Sexualstraftäter zu vertuschen.
Unrühmliche Rolle von Beneditkssons Vater
Benediktssons Vater Benedikt Sveinsson hatte sich für einen Mann verbürgt, der seine minderjährige Stieftochter jahrelang vergewaltigt und deswegen eine fünfeinhalb Jahre lange Gefängnisstrafe verbüsst hatte. Er wollte, dass das Strafregister des Mannes gelöscht wird. Weil die Unabhängigkeitspartei das geheim hielt, verliess «Bright Future» die Regierung.
Damit besiegelte die kleine Partei vorerst auch die eigene Zukunft: Sie schaffte es in der Neuwahl nicht über die Fünf-Prozent-Hürde und wird damit künftig nicht einmal im Parlament sitzen. Zu den Gewinnern zählt dagegen die erst kurz vor der Wahl von Ex-Regierungschef Gunnlaugsson gegründete Zentrumspartei. Sie kam aus dem Stand auf mehr als 10 Prozent und könnte ein Partner für Jakobsdottirs linkes Bündnis sein.