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International Polen und die CIA-Folter: «Es gab keine Zustimmung»

Unter anderem in Polen soll die CIA geheime Gefängnisse betrieben haben. Offiziell hat die Regierung das immer bestritten. Dennoch hält SRF-Osteuropakorrespondent Urs Bruderer die polnische Aufarbeitung des Falls für vorbildlich.

Gab es in Polen ein geheimes CIA-Gefängnis, in dem Terrorverdächtige gefoltert wurden? Menschenrechtsorganisationen hatten bereits im Jahr 2005 über eine solche Einrichtung berichtet. In den Jahren 2002 und 2003 sollen Gefangene auf einer ehemaligen Militärbasis im Nordosten brutal verhört worden sein.

Die polnische Regierung hat solche Berichte stets als falsch bezeichnet. Eine Untersuchung der Militärstaatsanwaltschaft läuft zwar seit mehreren Jahren – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Gerade eben wurden die Ermittlungen einmal mehr verlängert. Die Staatsanwälte wollen zudem den Antrag stellen, den gesamten, ungekürzten Senatsbericht einsehen zu können.

«Keine Zustimmung zu Folter»

Nichts gesehen, nichts gehört, fast nichts gewusst: Dieser Haltung bleibt man auch jetzt, nach Veröffentlichung des 500-seitigen Berichts zu CIA-Folter, weitgehend treu.

Alexander Kwasniewski, Präsident von 1995 bis 2005, räumte in einem polnischen Radiosender zwar ein: Ja, mit seiner Zustimmung habe die CIA in Polen «geheime Einrichtungen» betrieben. Von Folter habe man zunächst nichts gewusst. Er sei aber misstrauisch geworden, weil die USA ihr Vorgehen so intensiv versteckt hätten, und habe daraufhin interveniert.

Audio
CIA-Foltergefängnisse im Osten Europas
aus Rendez-vous vom 10.12.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 35 Sekunden.

«Es gab eine Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste, aber keine Zustimmung zu Folter», sagte Kwasniewski. Er habe seinen damaligen US-Kollegen George W. Bush 2003 im Weissen Haus persönlich gebeten, die Folter-Praxis zu stoppen, was dann auch geschehen sei.

Leszek Miller war in den fraglichen Jahren Ministerpräsident Polens. Er kritisiert die Reaktionen auf den Senatsbericht: «Man darf sich nicht am Kampf gegen den Terror stören, sondern nur am Terror selbst.»

«Land x» ist vermutlich Polen

Klar war der Fall hingegen für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er hat Polen im Juli zur Zahlung einer Entschädigung an zwei Terrorverdächtige wegen illegaler Freiheitsberaubung und Beihilfe zur Folter verurteilt.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Verhörmethoden nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 brutaler als bisher bekannt waren. Demnach wurden Häftlinge unter anderem in «geheimen Gefängnissen» bis zur Bewusstlosigkeit gequält, bis zu 180 Stunden lang wach gehalten und beim «Waterboarding» beinahe ertränkt. Als Standort eines dieser Geheimgefängnisse wird in dem Senatsbericht auch ein «Land X» genannt. Polnischen Medienberichten zufolge sei klar, dass damit Polen gemeint ist.

Vorbildliche Aufarbeitung

SRF-Osteuropa-Korrespondent Urs Bruderer hält Polen gewissermassen für ein Vorbild bei der Aufarbeitung dieser Frage. Man komme langsam vorwärts. «Es läuft offenbar ein Geheimverfahren gegen den damaligen Chef des polnischen Geheimdienstes», sagt Bruderer. Wenn dieser wegen Beihilfe an diesen Folterpraktiken verurteilt werde, werde er lebenslange Haft erhalten. «Und falls er in diesem Prozess Aussagen macht, könnte er auch den damaligen Staatspräsidenten und den damaligen Regierungschef belasten.»

In anderen osteuropäischen Ländern, beispielsweise in Rumänien, sei immer geleugnet worden, dass da etwas passiert sei, sagt Bruderer. «Eine parlamentarische Untersuchungskommission in Bukarest kam zum Schluss, dass da nichts war.»

Etwas anders verhält es sich in Litauen: Litauen habe zugegeben, dass es solche Gefängnisse eingerichtet habe. Ob diese Gefängnisse auch genutzt worden seien, das könne man hingegen nicht mehr sagen, erklärt Bruderer.

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