Französische Gewerkschafter haben ihre Proteste gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform mit Strassenblockaden an Treibstoffdepots fortgesetzt. Behörden und Medien berichteten von Aktionen in Brest, Rennes und in der Normandie.
Nach tagelangen Streiks und Blockaden, die Versorgungsengpässe an vielen Tankstellen ausgelöst haben, wollen die Gegner des Gesetzes mit einem neuen nationalen Aktionstag den Druck auf die Regierung erhöhen.
CGT will es Premier Valls zeigen
Die wütenden Proteste machen dabei auch vor den Atomkraftwerken des Landes nicht Halt. An allen 19 AKW-Standorten wurde gestreikt, wie Marie-Claire Cailletaud von der Gewerkschaft CGT angab. Zwölf Kraftwerke hätten in der Nacht ihre Stromproduktion zurückgefahren.
«Wir schädigen die Wirtschaft schwer», sagt die CGT-Verantwortliche für die Energiebranche ganz offen mit Blick auf die durch Streiks gedrosselte Stromproduktion in den Atomkraftwerken. Das Argument der Gewerkschaften: Nur so könnten sie sich Gehör verschaffen – denn die Regierung habe auf stur geschaltet.
Treibstoff-Rationierung vor Aufhebung
Frankreichs Premierminister Manuel Valls hat unterdessen die Blockaden von Treibstoffdepots durch Gewerkschafter als «unverantwortlich» kritisiert. «Diese Situation kann unserer Wirtschaft schaden», sagte er.
Valls verweist zudem darauf, dass die Regierung ihre Vorschläge nach Protest ja bereits deutlich zurückgeschraubt hatte. Er deutet allerdings auch an, dass «Verbesserungen» möglich seien – an der «Philosophie des Textes» will er aber nichts ändern.
Verhärtete Fronten, keine Lösungen
Die Reform der Regierung soll das starre und komplexe Arbeitsrecht aufweichen. Ein zentraler Punkt: Mehr Regelungen, vor allem im Hinblick auf die Ausgestaltung der Arbeitszeit, sollen direkt auf Unternehmensebene ausgehandelt werden können.
Letztlich stehen sich zwei kaum vereinbare Positionen gegenüber: Die Regierung will die Regeln ein stückweit lockern und Unternehmen mehr Flexibilität geben. Die stramm linke CGT und ihre Mitstreiter will dagegen bestehende Regeln bewahren und fürchtet, dass weichere Vorschriften genutzt werden, um das Sozialniveau zu drücken.
Geduld in Paris geht zur Neige
Doch langsam hat auch Premierminister Manuel Valls die Nase voll. Er versprach, dass die Regierung weiterhin Blockaden räumen werde. Laut Valls sitzen 20 bis 30 Prozent der französischen Tankstellen auf dem Trockenen oder haben Schwierigkeiten.
Im besonders betroffenen Nordwesten hatte sich die Versorgungslage nach Angaben der Behörden zuletzt etwas entspannt. Die Treibstoff-Rationierungen dort sollen demnächst wieder aufgehoben werden. Autofahrer durften in der Region seit einigen Tagen nur eine begrenzte Menge Benzin oder Diesel tanken.
Einschätzung von Frankreich-Korrespondent Charles Liebherr
«Es ist schwierig abzuschätzen, in welche Richtung sich der Konflikt in den nächsten Tagen entwickeln wird. Klar ist: Die Gewerkschaft CGT geht aufs Ganze, sie sucht eine Radikalisierung. Auf der anderen Seite sind nun auch die reformwilligen Gewerkschaften wieder stärker zu hören. Weil es keinen Raum für einen Kompromiss mehr gibt, stehen aber tatsächlich alle Zeichen auf Sturm. Es ist dies das Gegenteil von dem, was Präsident Hollande ein Jahr vor den Wahlen eigentlich suchte: Eine Aussöhnung im linken Lager. Premier Valls kann nicht anders, als die Arbeitsreform durchzuboxen. Würde er nachgeben, wäre seine Glaubwürdigkeit verloren, ja die Glaubwürdigkeit der ganzen Regierung wäre in Frage gestellt. Wir erleben derzeit die endgültige Spaltung des linken Lagers inklusive der eigentlich verbündeten Gewerkschaften. Diese Spaltung wird dazu führen, dass die Linke bei den Wahlen im nächsten Jahr zersplittert auftreten wird und nichts mehr gewinnen kann. Deshalb kann der Machtkampf rund um die Arbeitsreform nur noch Verlierer hervorbringen.» |
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