Es sei die Gastvorlesung eines Umweltjuristen gewesen, die bei ihr eine der wohl wichtigsten Entscheidungen ihres jungen Lebens ausgelöst hatte, erzählt Katta O‘Donnell. Die Jurastudentin an der Deakin University in Melbourne schloss danach ihr Pensionskassenkonto und legte das Geld in einem Fonds an, der in nachhaltige Anlagen investiert. «Ich habe erkannt, dass solch langweilige Dinge wie Pensionskassen und Staatsanleihen einen Einfluss darauf haben, wie die Welt die Klimakrise angehen kann», erzählt sie.
Kurze Zeit später zog die Australierin ihre Regierung vor Gericht – offenbar ein weltweit bislang einmaliger Schritt. In einer Sammelklage wirft O’Donnell Canberra vor, das Volk nicht über die Risiken aufzuklären, welche die Klimakatastrophe für Kapitalanlagen habe – allen voran Staatsanleihen.
Während viele private Firmen inzwischen die Folgen des Klimawandels auf Unternehmensbilanz und -gewinn berechnen, gelten für den Staat keine solchen Regeln. Dieses Risiko nicht zu kennen, gefährde die Sicherheit ihrer Kapitalanlage, meint O’Donnell. Das ist mehr als eine Hypothese: Die schwedische Zentralbank hatte sich schon 2019 von Staatsanleihen der beiden australischen Bundesstaaten Queensland und Westaustralien getrennt. Der Grund: die Furcht vor den Folgen des Klimawandels.
«Die australische Regierung weiss, dass der Klimawandel auch massive wirtschaftliche Folgen haben wird», sagt O’Donnell. «Sie verschweigt das aber.» Dabei seien die Waldbrände vom letzten Jahr ein besonders dramatisches Beispiel. Schäden in Milliardenhöhe seien damals entstanden, für die nun der Staat aufkommen müsse.
Klage ist historisch
Die junge Studentin gibt zu, dass die Sorge um ihre Altersvorsorge nicht der Hauptgrund für ihren Aktivismus ist. Sie habe Angst um die Zukunft des Planeten, eine Zukunft, «die von der australischen Regierung riskiert wird.» Canberra habe im internationalen Vergleich bescheidene Emmissionsreduktionsziele. «Gleichzeitig fördert die Regierung die fossilen Treibstoffe.»
Australien ist einer der weltweit grössten Kohle- und Gasexporteure. Trotz wachsendem internationalem Druck und enormem Potenzial für erneuerbare Energien will die Regierung die Fossilien-Industrie ausbauen. Gleichzeitig ist das Land wie keine andere westliche Nation bereits von den Folgen des Klimawandels betroffen. «Das Grosse Barriere-Korallenriff etwa ist wegen Korallenbleiche schon zu 50 Prozent tot», klagt O‘Donnell.
Für die Rechts-Professorin Jaqueline Peel von der Melbourne University ist O’Donnells Klage von historischer Bedeutung, «weil sie den Klimawandel mit einem realen finanziellen Risiko verbindet, was den Finanzsektor aufhorchen lassen könnte», wie sie gegenüber dem Sender ABC meinte. Die Akademikerin glaubt, die Klage könnte rund um die Welt Klimaprozesse auslösen.
Die australische Regierung hat noch nicht offiziell Stellung zur Klage bezogen. Es wird Jahre dauern, bis das Oberste Gericht einen Entscheid treffen wird. Ein Ziel hat Katta O’Donnell aber schon erreicht: Immer mehr junge Australierinnen und Australier folgen ihrem Beispiel. Etwa 500 haben sich schon der Sammelklage angeschlossen.