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Regierungsbildung in Schweden «Bei den Schwedendemokraten gab es Neonazi-Elemente»

Nach den Parlamentswahlen in Schweden stehen die politischen Kräfte vor der Regierungsbildung vor einem Patt. Dabei könnten die Schwedendemokraten das Zünglein an der Waage spielen. Ein Experte erklärt, wo die Wurzeln der Partei liegen.

SRF News: Nach den Parlamentswahlen kann weder das Mitte-Links noch das Liberal-Konservative Bündnis eine Regierung bilden. Was sagt dieses Wahlergebnis über Schweden aus?

Anders Widfeldt: Schweden ist zu einem polarisierten Land mit drei politischen Lagern geworden – mit Mitte-Links, Mitte-Recht und ganz Rechts. Und das politische Klima zwischen diesen Lagern ist ziemlich konfliktbeladen.

Anders Widfeldt

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Anders Widfeldt ist Soziologe und lehrt derzeit an der Universität von Aberdeen Nordische Politik. Zuvor war er als Politwissenschaftler an der Universität von Göteborg tätig.

Die Schwedendemokraten sind zur drittstärksten Kraft aufgestiegen. Eine Minderheitsregierung wäre demnach auf die Partei angewiesen. Wie soll das genau funktionieren?

Das ist genau der Punkt. Niemand weiss, wie die politischen Lager zu einer einvernehmlichen Lösung kommen sollen. Damit eine Regierung gebildet werden kann, müssten sich die Schwedendemokraten im Parlament der Stimme enthalten. Das ist theoretisch möglich, doch danach geht es an das Regieren – also der politische Alltag. Und da wollen die Schwedendemokraten sehr wohl mitreden.

Damit eine Regierung gebildet werden kann, müssten sich die Schwedendemokraten im Parlament der Stimme enthalten.

In Stockholm will keine der etablierten Parteien mit den Schwedendemokraten zusammenarbeiten. Wie lange lässt sich das durchhalten?

Diese Strategie wird in den nächsten vier Jahren wohl aufgeweicht. Ich gehe davon aus, dass es zu irgendeiner Form der Kooperation kommen wird. Vielleicht zwischen den Schwedendemokraten und den Konservativen oder den Christdemokraten. Das wird sich graduell entwickeln, bis zu den kommenden Wahlen. Dann werden wir eine Kooperation wie in Dänemark oder Österreich sehen.

Die Schwedendemokraten haben eine Neonazi-Vergangenheit. Wo liegen deren Wurzeln?

Die Partei wurde 1988 als Nachfolgeorganisation einer kleinen kurzlebigen Partei namens Schwedenpartei gegründet – und diese wiederum war das Ergebnis einer Anti-Immigrations-Kampagne mit dem Titel «Schwedisch soll schwedisch bleiben». Zum Zeitpunkt der Parteigründung gab es Leute mit einem Nazi oder Neonazi-Hintergrund. Auch einige Jahre danach war das so.

Mittlerweile wurden diese Personen aus der Partei entfernt. Was oft falsch berichtet wird, die Schwedendemokraten hatten nie ein Naziprogramm. Die Partei stellte sich gegen Einwanderung und gegen das Establishment mit ziemlich radikalen Ideen. Sie forderte beispielsweise den Landesverweis für alle Immigranten, die nicht aus Europa stammten. Es gab sehr wohl Neonazi-Elemente. Aber es wäre nicht richtig, die Partei per se als Nazipartei zu betiteln.

Die Partei stellte sich gegen Einwanderung und gegen das Establishment mit ziemlich radikalen Ideen.

Waren die Parteiausschlüsse der Neonazis ein Marketinggag oder ein echter Wandel?

Beides. Die Parteiführung war sich der Problematik sehr wohl bewusst. Deshalb hat sie in den letzte Jahren daran gearbeitet, das Parteiimage aufzupolieren.

Warum hat die Partei so grossen Zulauf?

Schweden verzeichnet schon seit geraumer Zeit eine erhöhte Zuwanderung. Diese fand nicht überall Zuspruch. Bisher gab es aber keine grössere Partei, die das Thema aufgegriffen hat. Es gab einige Versuche, auch von den Schwedendemokraten, doch das war bevor sie sich zur heutigen Partei gewandelt hat. Heute ist sie für eine breitere Bevölkerungsschicht zu einer akzeptablen Alternative geworden.

Das Gespräch führte Simone Hulliger

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