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Regionalwahlen in Russland Im Kampf gegen eine Schattenpartei

In Moskau sind Stadtparlamentswahlen. Um Putin einen Denkzettel zu verpassen, ruft die Opposition zur Protestwahl auf.

Auf den ersten Blick scheint die Auswahl an Kandidaten gross: Insgesamt 230 Personen kandidieren für die 45 Sitze im Moskauer Parlament. Im Schnitt können die Wähler aus fünf Kandidaten für ihren Bezirk eine Person auswählen. Die Auswahl an Kandidaten hat diesen Sommer jedoch die grössten Proteste seit Jahren in der russischen Hauptstadt provoziert.

Denn im Vorfeld wurden 56 Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen, darunter auch jene Oppositionelle, die den Machtanspruch von Wladimir Putin und seine Partei «Einiges Russland» in Frage stellen. Wie etwa der Sozialdemokrat Ilja Jaschin oder Ljubow Sobol aus dem Team von Alexei Nawalny. Weil die Proteste auf der Strasse am Ausschluss der Kandidaten nichts verändern konnte, schlug Alexei Nawalny eine Protestwahl an der Urne vor.

Einigung unter Zerstrittenen

«Kluges Wählen» nennt Nawalny seine Strategie, die er in einem Youtube-Video präsentierte, das bis Sonntagmittag fast 2.5 Millionen Menschen angeklickt haben. Man könne die Partei Wladimir Putins an der Urne besiegen, wenn man sich organisiere, gibt sich Nawalny in seinem Video überzeugt.

Stimmungstest für Kremlchef Putin

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Die Eckpunkte der Wahl:

  • Gewählt wird in 85 Regionen des Landes.
  • In Moskau schliessen die Wahllokale um 19:00 Uhr unserer Zeit, 20:00 Uhr Ortszeit.
  • In der russischen Hauptstadt können 7.2 Millionen Bürger zu den Urnen, die 45 Abgeordneten des Stadtparlaments zu wählen.
  • Insgesamt sind 56 Millionen zur Wahl aufgerufen. Das ist fast die Hälfte der Wahlberechtigten.
  • Aussagekräftige Ergebnisse werden erst am Montag erwartet.
  • Die Regionalwahlen gelten auch als Stimmungstest für die Parlamentswahl 2021.
  • Umfragen sehen herbe Verluste für die Kremlpartei «Einiges Russland» von Präsident Wladimir Putin.
  • Menschenrechtsorganisationen berichten von zahlreichen Manipulationsvorwürfen.
  • Die russische Medienaufsicht rügte Facebook und Google. Sie hätten entgegen der Verbote politische Werbung zugelassen.
  • Gewählt wird unter anderem auch auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Dies wird international nicht anerkannt.

«Damit die Kandidaten von Putins Partei nicht mehr gewählt werden, müssen nur drei Prozent all jener, die bei der letzten Wahl nicht wählen gingen, an die Urne gehen. Von allen, die bei den letzten Parlamentswahlen gegen Putins Partei gestimmt haben, braucht sich nur ein Drittel auf einen Kandidaten zu einigen», sagt er im Video.

Alexei Nawalny
Legende: Oppositonsführer Alexei Nawalny rief zu «klugem Wählen» auf. Dieses hat einzig zum Ziel, die Kandidaten von Putins Partei zu verhindern. Reuters

Die russische Opposition ist bisher nicht für Einigung bekannt, sondern eher für Grabenkämpfe bis ins Kleinste. Dennoch sei die Strategie von Nawalny politisch rational, sagt die Politologin Ekaterina Schulmann. «Nawalny versucht den Unmut der Bevölkerung gegen die Partei von Wladimir Putin zu kanalisieren. Dies könnte durchaus sehr gut funktionieren. Nicht, weil seine Strategie unglaublich genial ist, sondern weil die Ablehnung gegen die Partei von Putin hoch ist.»

(K)eine Partei

Offiziell tritt bei den Wahlen kein einziger Kandidat von «Einiges Russland» an. Obwohl mehrere der bisherigen Abgeordneten erneut kandidieren und unter den insgesamt 45 Amtsträgern bei den vergangenen Wahlen ganze 38 als Vertreter der Partei «Einiges Russland» gewählt wurden.

Damit übernehmen die Kandidaten die Strategie des Präsidenten, der bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen offiziell als «unabhängiger» Kandidat antrat. Aus gutem Grund: Der Ruf der Partei als notorisch korrupt macht das Parteilogo toxisch. So sind die meisten Kandidaten für die heutigen Stadtparlamentswahlen in Moskau offiziell parteilos.

Gemeinsam gegen das Monopol

Nawalny ist dennoch überzeugt, dass es gelingen kann, Putins Partei «Einiges Russland» an der Urne abzustrafen. Nawalny hat eine Seite mit Wahlempfehlungen programmieren lassen. Die Wahlberechtigten können so nachschauen, welchem Kandidaten Nawalny die höchsten Chancen ausrechnet gegen Putins Partei zu gewinnen.

Unter den empfohlenen Kandidaten finden sich Kommunisten ebenso wie Nationalisten. «Das mag sich nicht sehr günstig für den Wähler anhören, aber es verändert das Machtgefüge. Mit einer parlamentarischen Demokratie hat dies selbstverständlich noch nichts zu tun. Aber es ist besser als das Monopol einer einzigen Partei», so Politologin Schulmann. Noch bis Sonntagabend um 20 Uhr können Moskauerinnen und Moskauer an die Urnen. Die definitiven Wahlresultate werden am Montagmorgen erwartet.

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