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Sanktionen gegen Pipeline «Die USA möchten, dass Europa US-Flüssiggas bevorzugt»

Der Streit um die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee geht weiter. Die USA wollen Sanktionen verhängen, um den Bau der Pipeline zu verhindern. Das US-Repräsentantenhaus stimmte in der vergangenen Nacht mit überwältigender Mehrheit dafür. Das Sanktionsgesetz der US-Regierung gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 könnte damit noch vor Weihnachten in Kraft treten. Das hat auch Folgen für die Schweizer Firmen, die am Bau beteiligt sind, sagt Wirtschaftsredaktor Samuel Emch.

SRF News: Weshalb wollen die USA mit allen Mitteln diese Pipeline verhindern?

Samuel Emch: Vordergründig zeigen sich die USA besorgt. Man befürchte, dass sich Europa durch die Gaspipeline in eine Abhängigkeit von Russland begibt. Das Gesetz, das der Kongress aufgegleist hat, heisst «Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit». Hintergründig gibt es aber auch wirtschaftliche Gründe: Die USA möchten, dass Europa US-Flüssiggas bevorzugt. Gewisse Experten interpretieren die US-Sanktionen auch als Massnahme, um die russische Wirtschaft zu schädigen.

Wie sehen die Sanktionen für die betroffenen Firmen – also vor allem Betreiber der Spezialschiffe, die Pipelines in der Ostsee verlegen – aus?

Gegen die Chef-Etagen und Hauptaktionäre dieser Firmen sollen Einreiseverbote in die USA verhängt und bestehende Visa widerrufen werden. Das Gesetz sieht auch vor, Vermögenswerte und Sachgüter dieser Firmen zu blockieren.

Von den Sanktionen ist auch die Schweizer Firma Allseas Group aus dem Kanton Freiburg betroffen. Ist der Auftrag an der Ostsee dadurch gefährdet?

Ja, das hat Allseas bereits im Vorfeld bekannt gegeben. Die Firma hat eines ihrer Spezialschiffe in der Ostsee und verlegt täglich kilometerweise Röhren für die Nord Stream 2. Sollte das vom Kongress aufgegleiste Gesetz vom Senat bestätigt und von Präsident Trump unterzeichnet werden, wird das Schiff sicher abgezogen.

Man kann davon ausgehen, dass Allseas den Auftrag in der Ostsee aufgeben würde, falls die Sanktionen in Kraft treten.

Allseas hat elf weitere solche Spezialschiffe, die rund um den Globus im Einsatz sind. Sie hat auch schon Aufträge aus den USA erhalten und hat in Houston, Texas einen Ableger. Um den Sanktionen auszuweichen, kann man davon ausgehen, dass der Auftrag in der Ostsee aufgegeben würde.

Mitarbeiter von Allseas
Legende: Allseas hat in der Schweiz rund 4000 Mitarbeitende, die rund um den Globus verteilt sind. Viele von ihnen arbeiten in den Niederlanden. Reuters

Die Pipeline ist praktisch fertig gebaut. Können die USA mit den Sanktionen die Fertigstellung dieser Pipeline überhaupt verhindern?

Verhindern wohl nicht, aber er könnte nochmals verzögert werden, so sagen es zumindest Beobachter.

Die Sanktionen kommen für die Europäer nicht ganz unerwartet, die USA hatten das bereits angekündigt. Wie reagieren die betroffenen Firmen darauf?

Es gibt noch keine Reaktionen von Allseas. Die Firma Nord Stream AG aus Zug verzichtet auf eine Stellungnahme gegenüber Radio SRF.

Das Gespräch führte Raphaël Günther.

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