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Schüsse aus dem Auto Der junge Italiener zielte nur auf dunkelhäutige Personen

  • In der mittelitalienischen Stadt Macerata hat ein 28-jähriger Italiener aus dem Autofenster heraus auf Migranten geschossen und mehrere verletzt.
  • Die Polizei nahm den Mann fest. Er ist geständig.
  • Vermutet wird ein rassistischer Hintergrund, denn der Täter sympathisierte mit der Lega Nord.
  • Der Vorfall heizt vor den Wahlen am 4. März die politische Diskussion weiter an.

Mann auf Bahre und Gaffer.
Legende: Rettungskräfte bringen die Verletzten in Spitäler. Die Opfer sind laut Polizei Migranten aus Afrika. Keystone

Die Schüsse waren am Vormittag an verschiedenen Stellen in der Provinzhauptstadt der Adria-Region Marken gefallen. Alle Verletzten seien ausländischer Nationalität, teilte die Polizei auf Twitter mit. Sie stand für weitere Auskünfte aber bisher nicht zur Verfügung. Medien berichteten von vier bis sieben Verletzten.

Bevor die Polizei am Mittag einen Verdächtigen festnahm, hatten die Gemeinde und die Polizei die Bürger aufgerufen, Häuser, Büros und Schulen nicht zu verlassen. Laut der Nachrichtenagentur Ansa handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen 28-jährigen Italiener.

Dieser sei gefasst worden, als er einen faschistischen Gruss vor einem Denkmal für gefallene Soldaten in der 42'000-Einwohner-Stadt gezeigt habe, berichten die Zeitung «La Repubblica» und Ansa. Zuvor habe er sich in eine italienische Flagge gehüllt.

Bei seiner Festnahme habe er keinen Widerstand geleistet. Im Auto fanden die Carabinieri den Berichten zufolge die mutmassliche Tatwaffe, eine Pistole.

Karte mit dem Stiefel Italiens, darauf markiert Macerata und Rom.
Legende: Macerata liegt in Mittelitalien, in der Provinz Marken. SRF

Politiker verschiedener Lager verurteilten die Tat. So hielt Italiens Innenminister Marco Minniti fest, der Angriff sei geprägt von einer Kultur des «Rechtsextremismus mit Bezügen zum Faschismus und zum Nationalsozialismus». Die einzige Verbindung zwischen den Opfern - sechs Menschen afrikanischer Herkunft - sei «ihre Hautfarbe». Der Täter habe alleine gehandelt und seine Tat sicherlich geplant, sagte der Minister.

Viele politische Reaktionen kurz vor den Wahlen

Zuvor hatte bereits der Chef der Sozialdemokraten und Italiens Ex-Ministerpräsident, Matteo Renzi, auf Facebook seine Meinung zu den Geschehnissen geäussert. «Der Mann, der geschossen und sechs dunkelhäutige Altersgenossen getroffen hat, ist eine elendige und irre Person.» Der Verdächtige sei vergangenes Jahr bei Kommunalwahlen für die ausländerfeindliche Lega Nord angetreten, schrieb Renzi, rief aber gleichzeitig dazu auf, den Vorfall aus dem Wahlkampf herauszuhalten.

Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni rief die Italiener nach dem Angriff zum Zusammenhalt auf: «Der Hass und die Gewalt werden uns nicht spalten.» Und auch er warnte davor, die Schüsse zu Wahlkampfzwecken zu instrumentalisieren.

Lega-Chef Matteo Salvini sagte, er hoffe, die Wahlen am 4. März zu gewinnen, um in Italien für Sicherheit zu sorgen. «Die moralische Verantwortung für jede Episode von Gewalt, die in Italien passiert, haben diejenigen, die [das Land] mit illegalen Einwanderern gefüllt haben», wurde er von Ansa zitiert.

Macerata war erst vor wenigen Tagen von dem grausamen Mord an einer 18-Jährigen erschüttert worden. Verdächtigt wird ein Mann aus Nigeria, der mit Drogen gedealt haben soll. Er sitzt in Untersuchungshaft. Italienische Medien berichten über die Vermutung, der Vorfall am Samstag sei eine Reaktion auf den Mord gewesen.

«Tragödien instrumentalisiert»

Die Migrationskrise, von der Italien in hohem Masse betroffen ist, dominiert den Wahlkampf. Salvinis Partei, die sich gegen die Einwanderung positioniert, hat in den vergangenen Monaten an Zulauf gewonnen.

Wer wie Salvini «Tragödien für Wahlkampfzwecke instrumentalisiert», sei verantwortlich für eine Spirale von Hass und Gewalt, die schnellstmöglich gestoppt werden müsse, sagt der Anführer der Linksallianz Liberi e Uguali, Pietro Grasso.

«Seien wir still und betreiben keinen Wahlkampf auf Kosten von dem getöteten Mädchen und den Verletzten von heute», mahnte auch der Spitzenkandidat der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio.

Regierungschef Paolo Gentiloni rief die Italiener auf, dem Risiko einer Gewaltspirale entgegenzuwirken. «Hass und Gewalt werden es nicht schaffen, uns auseinanderzutreiben», sagte der Sozialdemokrat.

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