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Juncker schlägt einen europäischen Wirtschaftsminister vor
Aus SRF 4 News aktuell vom 13.09.2017.
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Rede zur Zukunft der EU So sieht Juncker die künftige Europäische Union

Der EU-Kommissionspräsident hat grosse Pläne: Euroraum und Schengen sollen erweitert werden. Der Euro soll in allen Ländern gelten.

Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in seiner Rede vor dem EU-Parlament erklärt, wie er sich die Europäische Union künftig vorstellt. Fazit: Einen radikalen Umbau will er nicht.

Für Streitpotential ist gesorgt

Seine Vorschläge könnten dennoch erheblichen Streit in der EU auslösen. So stellt sich Juncker gegen viel weitergehende Reformkonzepte, wie sie dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vorschweben. Vielmehr kommt Juncker Bundeskanzlerin Angela Merkel entgegen, die einem grossen Umbau der Gemeinschaft skeptisch gegenübersteht.

Junckers Rede zur Lage der Union im Strassburger Europaparlament war mit Spannung erwartet worden. Nach dem Brexit-Entscheid hatte er eine Reformdebatte angestossen.

Junckers Pläne

Der EU-Kommissionschef stellt jedes Jahr im September seine Agenda für die kommenden Monate vor. Und das sagte er diesmal:

Zur EU allgemein: Juncker will nur kleine Reformen der Europäischen Union, aber eine engere Zusammenarbeit. So sollen alle EU-Länder den Euro übernehmen und der Schengen-Zone ohne Grenzkontrollen beitreten. Bislang gehören 22 der heute noch 28 EU-Mitglieder zu dem Gebiet.

Zur Erweiterung: Die EU soll weiter wachsen: Bis 2025 könnte sie um die 30 Mitglieder haben. Nicht dabei wäre wohl die Türkei. Juncker hält deren EU-Beitritt bis auf Weiteres nicht für möglich. «Bei allen Beitrittsländern haben Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Grundwerte oberste Verhandlungspriorität.» Das schliesse eine EU-Mitgliedschaft der Türkei in absehbarer Zeit aus. Diese entferne sich «seit geraumer Zeit mit Riesenschritten von der Europäischen Union», so Juncker.

Der Euro-Raum

In 19 der 28 Staaten der EU wird derzeit mit dem Euro bezahlt. Seit 1999 haben Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien die Gemeinschaftswährung. Später kamen nach und nach Griechenland, Slowenien, Malta und Zypern, Slowakei, Estland, Lettland und Litauen dazu.
Als offizielles Zahlungsmittel ist der Euro nicht eingeführt in den EU-Staaten Bulgarien, Dänemark, Kroatien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn. Grossbritannien, das derzeit seinen Austritt aus der EU verhandelt, war nie Teil des Euroraums.

Zur Türkei: Juncker forderte von der türkischen Regierung, alle festgenommenen Journalisten freizulassen. Sie gehörten nicht ins Gefängnis, sondern in ihre Redaktionen. Gleichzeitig verwahrte sich der EU-Kommissionschef gegen Beschimpfungen europäischer Politiker durch Vertreter Ankaras: «Hören sie auf, unsere Staats- und Regierungschefs als Faschisten und Nazis zu beschimpfen.»

Er wiederholte seine Vermutung, «einige in der Türkei» hätten gar kein Interesse mehr an einem EU-Beitritt. Sie wollten für ein Scheitern der Verhandlungen aber Europa die Schuld geben.

Zur Verteilung von Flüchtlingen: Angesichts der laufenden Streitigkeiten mit Polen und Ungarn mahnte Juncker die EU-Staaten zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit: «Sie ist in der Europäischen Union keine Option, sie ist Pflicht.»

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs seien in allen Fällen zu respektieren. Sie nicht zu respektieren oder die Unabhängigkeit nationaler Gerichte zu untergraben, heisse, Bürgerinnen und Bürger ihrer Grundrechte zu berauben.

Die EU soll Flüchtlingen aber weiter offen stehen, es sollen legale Migrationswege geschaffen und die «skandalöse» Situation in Flüchtlingslagern in Libyen beendet werden. Abgewiesene Asylbewerber sollen konsequenter abgeschoben werden.

Zur Einheitswährung: Der EU-Kommissionspräsident möchte den Euro in der gesamten EU einführen, also auch in ärmeren osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien. Auch EU-kritische Länder wie Ungarn oder Polen müssten der Währungsunion beitreten. Dazu möchte Juncker ein Euro-Beitritts-Instrument schaffen.

Zur Wirtschaftspolitik: Die EU-Kommission will bis 2019 Freihandelsabkommen mit Australien und Neuseeland abschliessen. Die Abkommen sollten unter grösstmöglicher Transparenz ausgehandelt werden, nationale und regionale Parlamente vom ersten Tag an umfassend informiert werden. Zudem schlägt die Behörde vor, Investoren aus Drittstaaten künftig genauer unter die Lupe zu nehmen. Damit sollen Übernahmen aus Ländern wie etwa China strenger geprüft werden können.

Zu neuem Präsidentenamt: Künftig soll es nach dem Willen des EU-Kommissionschef nur noch ein EU-Präsidentenamt geben. Sein eigenes Amt will Juncker mit dem des EU-Ratspräsidenten verschmelzen. Damit werde die EU effizienter und für die Bürger leichter verständlich.

Das sei nicht gegen den derzeitigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk gerichtet. Auch habe er selbst keine Ambitionen auf das neue Amt, betonte Juncker. Er will 2019 als Präsident der Europäischen Kommission aufhören.

Zur Einsetzung eines Wirtschaftsministers: Juncker plädierte darüber hinaus für einen europäischen «Wirtschafts- und Finanzminister». Allerdings will er dafür kein neues Amt schaffen. Die Position soll der für Währungs- und Wirtschaftsfragen zuständige EU-Kommissar übernehmen, der dann gleichzeitig Chef der Eurogruppe wäre. Dieser würde alle Finanzierungsinstrumente der EU koordinieren.

Zum Arbeitsmarkt: Der Arbeitsmarkt in Europa soll nach dem Willen der EU-Kommission künftig von einer Behörde überwacht werden. «Es erscheint absurd, dass eine Bankenaufsichtsbehörde darüber wacht, ob Bankenstandards eingehalten werden, dass es aber keine gemeinsame Arbeitsmarktbehörde gibt, die für Fairness innerhalb des Binnenmarkts sorgt.» Überall in der EU sollen Arbeiter denselben Lohn für dieselbe Arbeit an einem Ort erhalten.

Zur Cybersicherheit: Eine europäische Agentur für Cybersicherheit soll geschaffen werden, um die EU besser gegen Attacken aus dem Internet zu rüsten.

Zu den Lebensmitteln: Es soll keine Lebensmittel zweiter Klasse in einem Teil der EU-Länder geben. Gleichartige Produkte sollen überall denselben Anteil etwa an Fleisch, Fisch oder Kakao beinhalten. Studien und ein Verhaltenskodex für Produzenten sind geplant.

Gericht hat entschieden

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat befunden, dass ein 2015 mehrheitlich getroffener Beschluss zur Umverteilung von Flüchtlingen rechtens ist. Die nationalkonservative Regierung in Budapest hatte jedoch verkündet, sich weiterhin gegen die Aufnahme von Flüchtlingen zu sperren.

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