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Gibraltar – weiterer Brexit-Stolperstein
Aus Echo der Zeit vom 01.04.2017.
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Brexit-Verhandlungen Spanier haben Vetorecht bei der britischen Kolonie Gibraltar

Am Freitag präsentierte die Europäische Union ihr provisorisches Verhandlungsmandat für den Austritt des Vereinigten Königreichs. In Paragraf 22 war ein abrupter Kurswechsel versteckt: Die britische Kolonie Gibraltar werde nur dann Teil eines künftigen Handelsabkommens sein, falls Spanien einwillige. Spanien erhält also ein Vetorecht, das es so bisher nicht gab.

Seit ziemlich genau 304 Jahren ist Gibraltar in britischem Besitz – offiziell als Überseegebiet, tatsächlich als teilautonome Kolonie. Inzwischen ist der felsige Südzipfel der spanischen Halbinsel Teil der Europäischen Union und des Binnenmarktes, nicht aber Teil der Zollunion oder des Schengener Abkommens. Im letzten Juni stimmten 96 Prozent der Stimmberechtigten von Gibraltar für den Verbleib in der Europäischen Union.

Bisher bemühte sich die EU um Neutralität zwischen zwei grossen Mitgliederländern. Doch das hat sich nun, seit die Briten auf dem Weg sind, ein Drittstaat zu werden, geändert.

«Gibraltar ist kein Spiel-Jeton»

Der Regierungschef von Gibraltar, Fabian Picardo, flog heute eigens nach London in die Studios der BBC, um zu protestieren: «Gibraltar ist kein Spiel-Jeton auf dem Verhandlungstisch.» Er wand sich verlegen ob der Tatsache, dass die britische Premierministerin in ihrem eigenen Austrittsbrief vom letzten Mittwoch Gibraltar mit keinem Wort erwähnt hatte. Spaniens Diplomaten waren ihr zuvorgekommen.

Ratspräsident Donald Tusk stellte im Entwurf für das Verhandlungsmandat der EU fest, Gibraltar könne nicht Teil der möglichen Übergangsregelungen oder eines neuen Handelsvertrags sein, ausser wenn Madrid und London sich einigten. Spanien erhält also ein Vetorecht.

Der Brief ist laut Tusk bloss ein Entwurf, die definitive EU-Position komme erst am Ende dieses Monats. Die britische Presse hat sich übers Wochenende in patriotische Nationalfarben gehüllt und die Solidarität mit Gibraltar feurig verteidigt, wo Online-Casinos und Briefkastenfirmen dank tiefen Steuern und spanischen Grenzgängern florieren. Verteidigungsminister Michael Fallon bestätigte der BBC markig:

May soll Gibraltar schützen – wie damals Thatcher die Falklandinseln

Der Rechtsstatus und die Hoheit über Gibraltar könnten sich nur mit Zustimmung der dortigen Bevölkerung ändern – und diese liege offenkundig nicht vor. Der frühere konservative Parteichef Michael Howard griff in die Mottenkiste:

Vor exakt 35 Jahren habe eine andere Premierministerin eine Kriegsflotte um die halbe Welt geschickt, um eine andere kleine Gruppe von Briten gegen ein anderes Spanisch sprechendes Land zu verteidigen.

Ihre Nachfolgerin werde zweifellos dieselbe Willenskraft zum Schutz von Gibraltar an den Tag legen. Margaret Thatchers Falkland-Expedition war schon vor 35 Jahren ein Anachronismus.

Doch der Traum von britischer Kanonenboot-Diplomatie ist langlebig. Der Affenfelsen an Spaniens Südküste, wo die alten Griechen einst die Säulen des Herakles wähnten, wird zu einem weiteren Stolperstein in den ohnehin schon komplexen Brexit-Verhandlungen.

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