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Staatskrise im Ölstaat Venezuela greift nach dem russischen Strohhalm

Schnelle Hilfe: Das hochverschuldete Venezuela meldet die rasche Einigung mit seinem Gläubiger Russland. Doch dem südamerikanischen Land hilft der Handel nur kurzfristig – Moskau hingegen verspricht sich Vorteile auf lange Sicht.

Die nächsten sechs Jahre braucht Venezuela den Russen praktisch nichts zurückzubezahlen. Die Linksregierung in Caracas präsentiert die Umschuldung mit Moskau daher als Modell für die Verbindlichkeiten mit allen andern Gläubigern. Nur, dort bewegt sich rein gar nichts. Die Staatspleite Venezuelas ist damit längst nicht abgewendet. Denn die drei Milliarden Dollar, für die die Zahlfrist gestreckt worden ist, verkörpern nur zwei Prozent der globalen Schulden Venezuelas.

Die Einvernehmlichkeit zwischen Russland und Venezuela gehorcht geschäftlichen und geopolitischen Prinzipien. Für die klammen Venezolaner sind die Russen immer mal wieder der rettende Strohhalm. Im April und August schoss Russland sieben Milliarden Dollar vor, gegen Verrechnung mit künftigen Öllieferungen. Insgesamt haben Russland und sein Ölmulti Rosneft in Venezuela rund zehn Milliarden Dollar ausstehend.

Ulrich Achermann

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Porträt von Ulrich Achermann
Legende: srf

Ulrich Achermann ist seit 2003 SRF-Korrespondent und berichtet über alle Länder Südamerikas. Er lebt in Santiago de Chile.

Bei der Exploration von neuen Ölquellen und ihrer Erschliessung im Orinoco-Gürtel Venezuelas gibt es umfangreiche Joint Ventures. Es ist von 20 solcher Kooperationsabkommen die Rede – offenbar zu sehr lukrativen Bedingungen für die russischen Partner. Auf die Partnerschaft ist die venezolanische Führung umso dringender angewiesen, da sie die eigenen Ölförderanlagen regelrecht hat verlottern lassen.

Heute produziert Venezuela weniger als zwei Millionen Fass pro Tag. Präsident Nicolas Maduros Amtsvorgänger Hugo Chavez hatte vor einem Jahrzehnt noch grossspurig verkündet, sein Land werde bis 2020 eine Tagesproduktion von vier Millionen Fass erreichen.

Russlands geostrategisches Interesse

Russland ist auch jener Staat, der die venezolanische Armee hochgerüstet hat, mit Panzern, Flugzeugen und Luftabwehr-Systemen. Fachleute erkennen im russischen Engagement in Venezuela durchaus strategische Züge. Einerseits erhalten die Russen verstärkten Zugang zu den grössten Ölreserven der Welt – dreihundert Milliarden Fass schlummern in Venezuela – andererseits gewinnt Russland in Lateinamerika an Einfluss.

Die Russen setzen sich in Venezuela in einem Land fest, dass nach Definition der Vereinigten Staaten zum ihrem eigenen Einflussgebiet gehört. Damit erinnert die russisch-venezolanische Partnerschaft ein wenig an die Zeiten vor dem Zerfall der Sowjetunion. Damals stützte Moskau in Kuba das Castro-Regime wirtschaftlich. Und provozierte die USA, indem es sich in deren Hinterhof festkrallte.

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