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Streit um Corona-Bonds Showdown zwischen Merkel und Europas Süden

Die Corona-Pandemie trifft die verschiedenen Länder innerhalb der Europäischen Union hart. Die EU-Finanzminister haben sich deshalb letzte Woche auf Hilfen im Umfang von 500 Milliarden Euro geeinigt.

Uneinigkeit herrscht dagegen weiterhin bei den sogenannten Corona-Bonds, also dem gemeinschaftlichen Haften für Zinsen und Rückzahlung von Schulden. Italien und andere Länder befürworten diese Regelung, Deutschland, die Niederlande und weitere Länder auf der Gegenseite lehnen sie ab. Das sind die Positionen aus Rom und Berlin.

Einschätzungen aus Italien

Philipp Zahn

Auslandredaktor

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Philipp Zahn ist Teil der TV-Auslandredaktion von SRF. Davor berichtete er als Korrespondent aus Italien, Griechenland und der Türkei. Zahn studierte Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie in Berlin und Siena.

«Salva Italia» heisst das erste Hilfspaket, das die Regierung von Giuseppe Conte noch im März auf den Weg gebracht hat: Geldzahlungen für Selbstständige, Kurzarbeitergeld für Angestellte und Einkaufsgutscheine für Bedürftige.

Budgetiert wurden dafür 25 Milliarden Euro, die natürlich nie ausreichen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Krise abzufedern.

Lehren aus Eurokrise noch wach

Deshalb braucht Italien finanzielle Mittel aus Europa. Denn eigenständig über zusätzliche Anleihen auf den Kapitalmärkten wird sich das ohnehin schon hoch verschuldete Land nicht refinanzieren können.

Das Milliarden-Rettungspaket der EU

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Die EU-Finanzminister haben sich letzte Woche auf Hilfen im Umfang von 500 Milliarden Euro für gefährdete Staaten, Firmen und Jobs geeinigt. Das Streitthema Corona-Bonds wurde zunächst ausgeklammert. Im Hilfspaket enthalten sind drei Elemente:

  • Vorsorgliche Kreditlinien des Eurorettungsschirms ESM von bis zu 240 Milliarden Euro, die besonders von der Pandemie betroffenen Staaten zugutekommen könnten.
  • Ein Garantiefonds für Unternehmenskredite der Europäischen Investitionsbank EIB, der 200 Milliarden Euro mobilisieren soll.
  • Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Kurzarbeiter-Programm namens «Sure» im Umfang von 100 Milliarden Euro.

Darüber hinaus wurde ein befristeter «Recovery Fund» zur Unterstützung der Wirtschaft vereinbart. Dieser soll die Solidarität der EU mit den in der Pandemie am meisten betroffenen Staaten zum Ausdruck bringen und den ausserordentlich hohen Kosten der Krisenbewältigung Rechnung tragen.

Details sollen aber erst geklärt werden, darunter die Finanzierungsquellen. Einige Staaten wollen dafür Gemeinschaftsanleihen ausgeben, während andere – darunter Deutschland – solche Corona-Bonds ablehnen. Der Streit darüber wurde also letztlich vertagt.

Die Lehren aus der Eurokrise vor zehn Jahren sind noch wach, als die Märkte dagegen spekulierten und die Kurse der italienischen Staatsanleihen in den Keller trieben.

«Besserwisser» aus Deutschland

Doch die zugesprochene Hilfe durch den Europäischen Rettungsschirm (ESM) schlägt Rom jetzt ab. Ministerpräsident Giuseppe Conte weigert sich, die Folgen der Pandemie mit über 20'000 Toten im eigenen Land auf haushaltspolitischen Schultern zu tragen, wie bei jeder anderen Krise auch. Italien will keine Hilfe, die «kalt und arrogant verordnet kommt», von «Besserwissern» aus Deutschland oder den Niederlanden.

«No grazie», tönt es aus Rom. Italien fordert eine vergemeinschaftete Schuldengarantie für Hunderte von Milliarden, die das Land jetzt aufnehmen muss. Corona-Bonds oder Recovery Fund – wie auch immer das Konstrukt heissen mag: Es geht um Kredite, für die Italien finanzpolitisch nicht allein geradestehen will.

Einschätzungen aus Deutschland

Bettina Ramseier

Deutschland-Korrespondentin, SRF

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Bettina Ramseier ist SRF-Korrespondentin in Berlin. Sie ist seit 15 Jahren TV-Journalistin: Zuerst bei TeleZüri, danach als Wirtschaftsredaktorin bei SRF für «ECO», die «Tagesschau» und «10vor10».

«Spare in der Zeit, so hast du in der Not» – das ist in Deutschland Kulturgut. Die «Schwarze Null», der ausgeglichene Haushalt, war vor der Corona-Krise oberstes Credo. Der Finanzminister – ein Sozialdemokrat – weigerte sich standhaft, neue Schulden aufzunehmen, um dringend notwendige Investitionen zu ermöglichen.

Dies scheint sich nun auszuzahlen: Die Staatskasse ist voll, Deutschland kann sich milliardenschwere Finanzspritzen für die eigene Wirtschaft gut leisten – und das über Monate.

Die Furcht vor dem Abgrund

Der deutsche Albtraum: Trotz Selbstdisziplin von anderen mit in den Abgrund gerissen zu werden. Schon als es darum ging, Griechenland und den Euro zu retten, prallten die Forderungen nach Euro-Bonds an der Kanzlerin ab. Geld gab es nur gegen Leistung in Form eines harten Sparprogramms.

Die Standpunkte bei den Corona-Bonds

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Uneinigkeit herrscht in den laufenden Gesprächen weiterhin bei der Frage zu einer gemeinsamen Schuldenaufnahme in der Euro-Zone über Gemeinschaftsanleihen, sogenannte Corona- oder auch Recovery Bonds. Frankreich, Italien, Spanien und andere Länder beharren darauf, solche europäischen Schuldtitel zumindest für Wiederaufbauprogramme nach der Pandemie ins Auge zu fassen. Deutschland, die Niederlande und andere Länder lehnen dies weiterhin ab.

Die Bedingungen für finanzielle Hilfe sollen nun zwar gelockert werden, von einer «Vergemeinschaftung» der Schulden in Form von Corona-Bonds will die Kanzlerin nach wie vor nichts wissen. Nicht einmal darüber reden will sie. Europäische Solidarität könne man auch anders zeigen.

Symbolfigur einer «herzlosen» Sparpolitik

Dass Grüne und SPD die gemeinsamen Anleihen fordern, überrascht kaum. Doch selbst in der finanzpolitisch rigiden CDU gibt es prominente Stimmen, die ein Umdenken fordern. Der emotionale Schaden sei enorm, das Signal fatal, der europäische Zusammenhalt gefährdet.

Während der Eurokrise war Angela Merkel in vielen EU-Südländern verhasste Symbolfigur einer «herzlosen» Sparpolitik. Sie liess sich davon nicht beirren. Nun ist die Lage ungleich dramatischer, und Italien legt es auf einen Showdown mit der Kanzlerin an. Angela Merkel hat es in der Hand: Zum Ende ihrer Karriere wird sie das Bild der EU noch einmal entscheidend prägen.

Tagesschau, 7.4.2020, 19:30 Uhr

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