Russland holt im Streit mit Grossbritannien um das Gift-Attentat auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal zum Gegenschlag aus und verweist 23 britische Diplomaten des Landes. Angesprochen auf die Vorwürfe an Russland betonte Aussenminister Sergej Lawrow erneut, man habe mit der ganzen Sache nichts zu tun. Ein Gespräch über die diplomatische Krise mit ARD-Russland-Korrespondent Hermann Krause.
SRF News: Was genau will Lawrow, respektive der Kreml damit sagen?
Hermann Kause: Der russische Aussenminister ist umgeben von Leuten, die das die ganze Zeit behaupten. Beispielsweise hat sich gerade die Pressesprecherin des Aussenministeriums geäussert und hat eine ganz andere Version vorgetragen.
Sie hat erstens gesagt, es handle sich bei Skripal gar nicht um einen Doppelagenten, sondern er wäre nur ein Agent im russischen Dienst gewesen. Zweitens sagte sie das Nowitschok, das eingesetzte Kampfmittel, sei kein russischer Name. Dieses Produkt sei niemals in Russland hergestellt worden und sei hier nicht lizenziert. Das ist sozusagen die Message des Aussenministeriums, einmal vorgetragen vom Aussenminister und einmal von der Sprecherin.
Interessant ist auch, dass der russische Vertreter bei der Internationalen Organisation für das Verbot chemischer Waffen gesagt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit könne angenommen werden, dass dieses verwendete Gift aus einem westlichen Labor stamme. Sein Argument: In den 1990er-Jahren hätten westliche Geheimdienste viele russische Chemiker angeworben. Ist das plausibel für sie?
Das Ganze ist voller Fragezeichen. Und je mehr Informationen man bekommt, desto mehr Fragezeichen bekommt man auch. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Briten oder die Amerikaner – so wie uns das gern von russischer Seite nun weisgemacht wird – nun einen Bürger auf ihrem Boden, beziehungsweise auf dem Territorium Grossbritanniens umbringen. Diese Version ist ja nun fast völlig auszuschliessen.
Wie beurteilen Sie diese Argumentation?
Das Ganze erinnert natürlich auch an die Argumentation von damals beim Abschuss der Malaysia Airlines über der Ukraine. Auch dort wurde alles geleugnet, verdreht, so dass die Öffentlichkeit dann überhaupt nicht mehr wissen sollte, was die Wahrheit ist. So ungefähr ist das jetzt auch, man akzeptiert überhaupt nicht, dass es eine Spur Richtung Russland gibt, weder vom Namen her – Skripal soll ja jetzt wie gesagt auch kein Doppelagent mehr sein – noch von dem Stoff der eingesetzt wurde.
Das Gespräch führte Samuel Wyss.